Erstens: Sehr guter Artikel zu einem wunderbaren und überwältigendem Video.
Zweitens: Wir fassen einen Aspekt einmal zusammen:
Die Bundeswehr ist anerkanntermaßen Rechtsnachfolger der Wehrmacht. Und ein Vertreter der Bundeswehrakademie scheut sich nicht davor, vor diesem Hintergrund, einen Überlebenden nationalsozialistischer Vernichtung für sein Verhalten an den Orten des Greuls zu kritisieren?
Hierin steckt ein so unfassbarer Zynismus, dass ich geneigt bin, dass für einen schlechten Scherz zu halten.
Es sind nicht nur Opfer, die nicht immer wissen, wie sie mit dem eigenen Erlebten oder dem, was Verwandte erlebt haben, umgehen bzw. wie sie es verarbeiten sollen. Es sind auch, wenn nicht vor allem, diejenigen, die eine familiäre Verbindung zu Tätern haben bzw. Vertreter eines Rechtsnachfolgers sind, die nicht wissen, wie sie damit umzugehen haben.
Das Fordern einer schweigsamen Betroffenheit am Holocaust-Mahnmal in Berlin oder in Auschwitz schafft nichts anderes als Distanz, die Juden aus der Gesellschaft extrahiert. Es ist dieses verschriebene Verhalten, was dazu führt, dass selbst das Wort "Jude" mit Gedenkaspekten und Betroffenheitsreflexen unter Nicht-Juden konotiert ist. Das wiederum hat zum Ergebnis, dass es auch Leute gibt, die sich vor dieser nicht wählbaren Verhaltensweise distanzieren wollen, diese ablehnen und aufgrund dessen ein gestörtes Verhältnis zum modernen Judentum aufbauen.
In der Praxis wird das besonders daran deutlich, dass extrem viele Menschen aus entmündigender Betroffenheit den Opfern gegenüber, sich an Dingen stören, welche die Opfer überhaupt nicht stören. Das fängt bei Witzen an und geht bei solchen Mahnmal-Grill-Diskussionen weiter.
Wichtig ist das konkrete Verhalten den Menschen gegenüber. Ist es besser Witze über Minderheiten zu vermeiden und dafür aber Probleme damit haben, dass die eigene Tochter einen muslimischen oder schwarzen Freund hat? Oder ist es umgekehrt nicht besser und Zeichen einer Normalität, wie zwischen Holländern und Deutschen? Niemand regt sich über chauvinistische Sprüche gegenüber Holland auf und das Verhältnis von Deutschen zu Holländern ist im Einzelfall nahezu unbelastet und natürlich. Das kommt daher, dass akzeptiert wird, dass Nationalität nur einen Bruchteil der Identität ausmacht. Stellvertretend für die Betroffenen wird das von allerdings in Bezug auf Minderheiten nicht akzeptiert und deren Eigenschaft als Moslem oder Jude oder Schwarzer aufgewehrtet als Haupteigenschaft, die identitätsstiftend sei. Was wiederum eine nicht existente Entgrenzung aus der Gesellschaft bedingt.
Die Distanz wird auch zu den Tätern aufgebaut, indem von "den Nazis" gesprochen wird und die Führungsriege um Hitler dämonisiert wird. Hitler zu dämonisieren und ihm ein satanhaftes Image anzudichten entgrenzt ihn von der Menschheit und bedingt eine fehlende Auseinandersetzung mit der Frage, wie es dazu kommen konnte und wie man vorbeugen kann, dass die Gesellschaft einer solchen Ideologie folgt, bzw. dass solche totalitären und menschenfeindlichen Ideologien heutzutage an die Macht kommen. Es fehlt eine aufgeklärte Aufarbeitungsmöglichkeit, wenn die Ideologie aus der Distanz nur von 33-45 unter dem Aspekt der Zeit von damals betrachtet wird und dann als untergegangen erklärt wird und nicht erkannt wird, dass die Jahre von 33-45 austauschbar sind und die Aspekte der Psychologie und der Soziologie keineswegs zeitlich beschränkt sind. Vielmehr sind Menschen zu jeder Zeit, zumindest abstrakt, fähig einer solchen Ideologie zu folgen.
Der erste Schritt der Prävention wäre, nicht jeden Juden als Juden, und nicht jeden Moslem als Moslem zu sehen, sondern als Menschen und Teil unserer Gesellschaft.
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