INTEGRATION: Zwischen Warten und Bleiben
Seit 1993 lebt S. in Bremen. Doch während seine drei Kinder wohl bald eingebürgert werden, ist der Roma aus dem Kosovo noch kettengeduldet - und ohne Job
Es ist ein Teufelskreis, in dem sich Herr S. seit Jahren bewegt: Ohne Aufenthaltserlaubnis kein Job. Ohne Job keine Aufenthaltserlaubnis. Und keine Integration. Genau das wiederum werfen ihm die Verwaltungsgerichte in Bremen vor, immer wieder, auch gestern.
Der 42-Jährige lebt, wie er selbst - in flüssigem Deutsch - sagt, "schon sein halbes Leben hier". Genauer gesagt: seit 1993. Damals kam der Roma aus dem Kosovo hierher, begehrte anschließend erfolglos Asyl in Deutschland. Seitdem ist er geduldet. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Im November wird seine Duldung wieder einmal auslaufen, und, aller Voraussicht nach, wieder einmal verlängert. Das Urteil steht allerdings noch aus.
Drei Kinder hat S. mittlerweile, allesamt sind sie hier geboren, sie gehen heute in die vierte, sechste und achte Klasse im Stadtteil Oslebshausen. Ihr Einbürgerungsantrag läuft bereits, momentan dürfen sie "aus humanitären Gründen" in Bremen bleiben, vorerst bis Ende kommenden Jahres. Einiges spricht dafür, dass sie anschließend einen deutschen Pass zugesprochen bekommen. Dann aber, so sagt Jan Sürig, der Rechtsanwalt von S., hätte auch der Vater ein Recht, längerfristig zu bleiben. Zumindest, bis alle Kinder volljährig sind. Sürig spricht von einer "ewigen Duldung", aus der "schleichend" dann doch ein Daueraufenthalt werde. Genau diese Praxis werde höchstrichterlich aber verurteilt. 2006 gab es in Bremen 3.364 kettengeduldete MigrantInnen, im Frühjahr waren es noch 2.206. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich SPD und Grüne darauf verständigt, diese Zahl "auf ein Minimum" zu reduzieren.
Auch Herr S. will, wie seine Lebensgefährtin und die Kinder, "aus humanitären Gründen" bleiben dürfen. Doch vor über zehn Jahren hat er mal eine Vorstrafe bekommen, sechs Monate auf Bewährung wegen eines Eigentumsdelikts, und dann sind da noch zwei Strafbefehle von 2008, wegen Ladendiebstahls. Also fällt er auch nicht unter die "Altfallregelung", von welcher der Rest der fünfköpfigen Familie profitiert. Sürig streitet dafür, dass S. trotzdem mehr als eine Duldung, ja: eine Aufenthaltserlaubnis bekommt. Doch die "bloße Erwartung" einer Einbürgerung der Kinder, so urteilte das Oberverwaltungsgericht, könne kein Grund dafür sein.
Welches Ziel die Duldung denn verfolge, fragt Sürig. "Die Gültigkeit der Duldung erlischt mit Bekanntgabe des Rückführungstermins". So steht es in den Papieren von S. Ein Satz, der Jan Sürig wütend macht. Zumal vor Ende kommenden Jahres eine Abschiebung gar nicht zur Debatte steht - das sagen übereinstimmend auch das Gericht und die Stadt Bremen. Doch mit so einem Satz in den Papieren, sagt Sürig, könne man sich Bewerbungen um einen Job "auch gleich schenken". Es gebe bei Herrn S. denn auch "keine Hinweise auf Erwerbsbemühungen", sagt die Vertreterin der Stadt vor Gericht. In den Akten finde sich "nichts" entsprechendes, sagt auch der Richter. "Mit einer Duldung habe ich keine Chance auf einen Job", sagt S. selbst, und dass er sich ganz sicher sei, was zu finden - wäre er mehr als nur geduldet. Dann erst könnte er auch mal einen Integrationskurs bekommen. Noch so ein Teufelskreis.
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