Polizeiskandal in Hessen: Landespolizeichef muss gehen

Das ging schnell: Kaum im Amt hat der hessische Innenminister erst einmal den Landespolizeipräsidenten gefeuert. Ihm werden Manipulation und Täuschung vorgeworfen.

Ob der Polizisten-Schnäuzer nun dran bleibt? Norbert Nedela nach seinem Rauswurf. Bild: dpa

FRANKFURT/M. taz | Der neue hessische Innenminister Boris Rhein im Kabinett von Ministerpräsident Volker Bouffier (beide CDU) hat am Dienstag den Landespolizeipräsidenten gefeuert. Mit Norbert Nedela, hieß es in einer knappen Erklärung des Ministeriums, habe es "Differenzen in Fragen der Führung der hessischen Polizei gegeben".

Rhein fackelte nach den jüngsten Skandalmeldungen aus dem abenteuerlichen Innenleben der hessischen Polizei also nicht lange. Schon am vergangenen Donnerstag musste der oberste Polizist Hessens sein Büro in Wiesbaden räumen. Da war öffentlich geworden, dass sich der 59-jährige Nedela mit der Chefin des hessischen Landeskriminalamtes (LKA), Sabine Thurau, angelegt haben soll.

Thurau habe vor Gericht gelogen, hieß es. Bei der Sache ging es um den Polizeihauptkommissar Jürgen V. vom K 43 des Polizeipräsidiums Frankfurt, der nach einer Dienstreise nach Brasilien Reisekosten und Spesen falsch abgerechnet haben soll. Jürgen V. bestritt das. Als Zeugin geladen, belastete die damalige Vizepräsidenten der Polizei Frankfurt, Sabine Thurau, den renommierten Kommissar allerdings schwer.

Danach soll dann aus dem Umfeld von Landespolizeipräsident Nedela, der mit Thurau schon seit Jahren im Clinch liege, lanciert worden sein, dass die inzwischen zur obersten Landeskriminalbeamtin avancierte Polizistin im Prozess gegen Jürgen V. falsch ausgesagt haben soll. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt jedenfalls gegen Thurau.

Doch damit noch nicht genug. Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Dienstag soll Nedela die Verantwortung für zahlreiche Datenmanipulationen und "bewusste Täuschungen" bei der hessischen Polizei tragen. Laut der Zeitung kursieren inzwischen interne Schreiben, in denen LKA-Ermittler von einer "Verschwörung zum Nachteil der Präsidentin des Hessischen Landeskriminalamtes" sprechen.

Die Linke im hessischen Landtag sieht sich bestätigt. Schon vor Wochen hatte ihr Abgeordneter Hermann Schaus von "gezieltem Mobbing" bei der hessischen Polizei berichtet. "Geheimakten" über einzelne, angeblich renitente Polizeibeamte seien neben den normalen Personalakten geführt worden. Und es habe "Vetternwirtschaft zugunsten von der CDU nahe stehenden Personen" gegeben.

Bouffiers Blüten

Die letzten Wochen und Monate, so Schaus jetzt, hätten auf bedrückende Weise deutlich gemacht, "wie sehr sich in Hessen ein demokratische Institutionen wie die Polizei unterhöhlendes ,System Koch' etabliert hat, das unter Bouffier weiter besteht und immer neue Blüten treibt".

Die Linke fordert jetzt die Einsetzung eines unabhängigen Ombudsmannes, der die Affären aufarbeiten soll. Die Grünen im Landtag loben Innenminister Rhein zwar für den Rausschmiss von Nedela, fordern die Landesregierung aber gleichzeitig auf, im Polizeiapparat "grundlegende Veränderungen" vorzunehmen. Die Probleme in der Führungsstruktur der hessischen Polizei seien nämlich "hausgemacht", konstatierte der innenpolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Jürgen Frömmrich.

Innenminister Boris Rhein hat bereits den Nachfolger für Nedela benannt. Neuer Landespolizeipräsident soll der bisherige Inspekteur der hessischen Polizei, Udo Münch, werden.

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