Bankkunden wollen Revolution ausrufen: Räumt das Konto leer
Der französische Ex-Fußball-Profi Eric Cantona ruft dazu auf, das eigene Konto am 7.12. leer zu räumen, um die Macht der Banken zu brechen. Die Anhängerschaft wächst.
PARIS taz | Beginnt die Weltrevolution am Bankschalter? Das jedenfalls meint der frühere französische Fußballstar Eric Cantona. Er will das System, das er für ungerecht hält, auf ganz friedliche und gewaltlose Weise umstürzen. In einem Interview mit der Zeitung Presse Océan liefert er seine Gebrauchsanweisung: "Wenn 20 Millionen Leute ihr Geld abheben, bricht das System zusammen, ohne Waffen, ohne Hass, ohne Blutvergießen, einfach so."
Da das System auf der "Macht der Banken beruht, kann es durch die Banken zerstört werden", lautet seine einfache Analyse. Die Revolution sei darum ebenso simpel: Es genüge, dass die Kunden ihr Geld zurückfordern.
Hält sich "Canto" für den neuen "Che"? So fragte zuerst spöttisch die Zeitschrift Marianne. Der Aufruf zum friedlichen Aufstand der Bankkunden gegen die Macht der Banken fand sehr schnell ein unerwartet großes Echo im Internet und wurde dank YouTube und Facebook zum enormen "Buzz". Mittlerweile existiert eine rasch wachsende Netzwerkgruppe, die ganz konkret den 7. Dezember als Stichtag für den Beginn der Cantona-Revolution festgelegt hat.
Angeblich haben sich bereits mehr als 20.000 Anhänger dieser Idee eines "Cash Day" angeschlossen. Großes Echo fand diese Idee in Belgien, wo sich angeblich schon 15.000 Besucher auf der Website Bankrun2010.com eingeschrieben haben. Besorgt zeigen sich bereits die Banken. "Eine solche Aktion kann unser Finanzsystem destabilisieren", erklärte Michel Vermaerke von der Febelfin-Bank.
Cantona ist ein Ex-Fußballstar, der zuerst in Frankreich und dann in Großbritannien Furore gemacht hat, weil er stets unverblümt sagte und fluchte, wenn ihm etwas nicht in den Kram passte. Seine erfolgreiche Karriere als Profi setzte er als Filmschauspieler und danach als Fotograf fort. Als eines seiner Vorbilder nennt er den politisch engagierten britischen Regisseur Ken Loach, der dem Fußball-King Cantona den rührenden Film "Looking for Eric" gewidmet hatte. Er engagierte sich aber auch seit Längerem an der Seite der Stiftung Abbé Pierre für die Obdachlosen und Armen.
Als Präsident Sarkozy in Frankreich eine landesweite Debatte über die "nationale Identität" anordnete, lieferte auch "Canto", der italienischer und spanischer Herkunft ist, seinen Beitrag: "Franzose sein besteht nicht darin, Französisch zu reden und die Marseillaise zu singen. Das ist Blödsinn. Franzose zu sein bedeutet, revolutionär sein und sich nicht mit dem Status quo abzufinden."
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott