Gesetzlich versicherte Hartz-IV-Empfänger: Nur die Hälfte wert

Jobcenter überweisen für Arbeitslose ab sofort den vollen Beitrag zur privaten Krankenversicherung. Die privaten erhalten damit deutlich mehr als die gesetzlichen Kassen.

Gesetzlich versichert und Hartz-IV-Empfänger? Keine glückliche Kombination. Bild: dpa

BERLIN taz | Privat versicherte Hartz-IV-Empfänger können aufatmen: Die Jobcenter müssen nun ihren vollen Beitrag zur privaten Krankenversicherung (PKV) bezahlen. "Wir überweisen pro Person maximal 287,72 Euro an die privaten Krankenversicherungen", sagt eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit. Doch die neue Regelung hat einen Haken: Sie benachteiligt die gesetzlichen Kassen, die sich mit deutlich weniger Geld zufrieden geben müssen als die privaten.

Bisher häuften rund 6.000 privat versicherte Hartz-IV-Empfänger monatlich knapp 150 Euro Schulden an. Denn die Jobcenter bezahlten der PKV nur das, was sie monatlich auch an die gesetzlichen Kassen (GKV) überweisen: rund 130 Euro. Dieser Höchstsatz ist jedoch nur für die GKV gesetzlich vorgeschrieben.

Die Privatkassen verlangten von den Hartz-IV-Empfängern mit rund 290 Euro deutlich mehr. Die Deckungslücke sollten die Arbeitslosen begleichen, wenn sie wieder einen Job hatten. Dagegen klagte ein Hartz-IV-Empfänger aus Saarbrücken und bekam Mitte Januar vom Bundessozialgericht recht. Die Bundesagentur für Arbeit wies daraufhin alle Jobcenter an, den vollen PKV-Beitrag zu bezahlen.

Kritik an dieser Lösung kommt nun aus der Opposition. "Wenn die privaten Krankenversicherungen fast 290 Euro von den ALG-II-Trägern erhalten, die gesetzlichen aber nur 130 Euro, ist das eine massive Benachteiligung der gesetzlich Versicherten", sagt der Linken-Bundestagsabgeordnete Harald Weinberg. Weinberg fordert, dass die GKV pro Hartz-IV-Empfänger künftig auch mehr

Geld erhalten soll: Nämlich das, was gesetzlich Versicherte, die Arbeit haben, durchschnittlich an die GKV entrichten, rund 260 Euro. Die Grünen

hingegen plädieren dafür, die Beiträge für die PKV per Gesetz auch auf 130 Euro zu begrenzen.

Der GKV-Spitzenverband weist allerdings immer wieder darauf hin, dass die gesetzlichen Kassen mit 130 Euro im Monat nicht auskämen. Dass die Regierung diesen Zuschuss nun auch noch erhöht, ist aber unwahrscheinlich. Denn auf die Jobcenter und damit die Steuerzahler kämen bei rund drei Millionen Hartz-IV-Empfängern, die in der GKV versichert sind, deutlich höhere Kosten zu. Auf Anfrage erklärte das Bundesarbeitsministerium dazu nur: "Wir arbeiten auf eine Lösung hin, die für alle tragbar ist." Möglich wäre auch der Zwangsumzug aller privat Versicherten Hartz-IV-Empfänger in die Gesetzlichen. Das jedoch lehnen die Kassen, die FDP und Teile der CDU ab.

Offen ist noch, ob die Deckungslücke der privat Versicherten rückwirkend bis Anfang 2009 ausgeglichen wird, als das Problem durch eine Gesetzesänderung zum ersten Mal auftrat. Das Arbeitsministerium will dazu erst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.