Reformen in Marokko: Mohammed VI. öffnet sein Regime

Die zaghaften Schritte Richtung Demokratie werden die Stellung des Königs nicht sichern. Die Facebook-Bewegung "20. Februar" fordert mehr.

Die Bewegung "20. Februar" will, dass die Macht des Königs eingeschränkt wird. Bild: reuters

TUNIS taz | Marokkos König Mohammed VI. will den Zeichen der Zeit zuvorkommen. In einer Rede am Mittwochabend, die vom Rundfunk und Fernsehen übertragen wurde, versprach er seinen Untertanen ein "umfassende Verfassungsreform". Damit wolle er dem "laufenden Reformprozess einen starken Impuls" geben. Die neue Verfassung, die die "Trennung der Mächte konsolidieren" solle, wird von einer Kommission bis Juni ausgearbeitet und dann zur Volksabstimmung vorgelegt.

Der König reagiert mit dieser Rede erstmals auf die demokratischen Proteste, zur der Jugendliche am 20. Februar im Facebook aufgerufen hatten. Ihnen schlossen sich tausende von Marokkanern an. Oppositionsparteien, Menschenrechtsorganisationen sowie ein Teil der islamistischen Bewegung unterstützten die Demonstrationen. Die Protestmärsche blieben friedlich. Im Norden des Landes, in der Stadt Al-Hoceïma, kam es allerdings zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Fünf Menschen verloren ihr Leben.

König Mohammed VI. sitzt seit knapp 12 Jahren auf dem Thron. Er beerbte seinen Vater Hassan II. im Juli 1999. Viele in Marokko erwarteten vom damals erst 35-jährigen Monarchen eine Öffnung des Landes. Doch nach ersten Reformen wie der Modernisierung des Familiengesetzes erlosch der Schwung. In den letzten Jahren machte sich in Marokko der Eindruck einer völligen Stagnation breit.

Die neue Verfassung werde, so der Monarch, die Stellung des Premierministers stärken. Der Regierungschef werde künftig "dem an den Urnen zum Ausdruck gebrachten Willen des Volks entsprechen". Bisher wurden der Regierungschef und einige wichtige Schlüsselministerien vom König ernannt und nicht von der parlamentarischen Mehrheit gewählt. Außerdem versprach Mohammed VI. die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken. Die Sprache und Kultur der Berberminderheit im Norden und im Süden des Landes sollen ebenfalls anerkannt werden.

Die Facebook-Bewegung "20. Februar", die zu den Protesten für mehr Demokratie aufgerufen hatte, diskutiert die königliche Rede fleißig im Internet. Die Stärkung des Premierministers stieß auf Zustimmung, allerdings wurde immer wieder die sofortige Freilassung aller am 20. Februar und in den Wochen danach Verhafteten gefordert.

Die Demokratiebewegung verlangt die Streichung von zwei Artikeln aus der Verfassung. Der eine untersagt es dem Parlament, über königliche Reden zu debattieren, der andere erklärt den marokkanischen König zum Amir al-Muminin, dem Führer aller Gläubigen. Mohammed VI. ist damit die höchste weltliche und geistliche Instanz in einer Person.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.