Mädchen-Ehen in Saudi-Arabien: Heirat erst ab 17 Jahren
Saudi-Arabien will das Verheiraten von zu jungen Mädchen abschaffen. Einige besonders krasse Fälle hatten zuvor für Aufsehen gesorgt.
RIAD taz | Sogar im konservativen Saudi-Arabien hat der Fall des Unaiza-Mädchens – so genannt nach ihrer Heimatstadt im Norden des Landes – für Schlagzeilen gesorgt. Das Mädchen war damals erst acht Jahre alt und wurde gegen seinen Willen und den seiner Mutter an einen 47-jährigen Mann verheiratet. Einem lokalen Journalisten sagte das Mädchen: "Rette mich!"
Aber die Ehe war geschlossen, und der Vater hatte einen Brautpreis von umgerechnet fast 20.000 Euro für sie erhalten. Bei derartigen Fällen geht es meist um finanzielle Interessen des Mannes. Minderjährige Jungen betrifft diese Praxis nicht.
Im Fall des Unaiza-Mädchens zog die Mutter im Dezember 2008 vor Gericht, um die Ehe annullieren zu lassen, aber die Gerichte, eine Bastion der streng Religiösen in Saudi-Arabien, entschieden in mehreren Instanzen gegen sie. Zum einen war nicht die Mutter der Vormund des Mädchens, sondern ihr Ehemann. Die Mutter konnte das Mädchen vor Gericht also nicht vertreten. Und zum anderen sprach nach Auffassung der Richter der Scharia-Gesetzgebung zufolge nichts gegen die Ehe.
Während des Verfahrens bekräftigte der Vorsitzende des Rats der Obersten Kleriker, Abdulaziz al-Sheikh, diese Auslegung der Scharia noch einmal mit einer Fatwa. Der Prophet hatte seine dritte Frau Aischa geheiratet, als sie neun Jahre alt war, also war dem Rechtsgutachten zufolge an den Kinderheiraten nichts auszusetzen. Nachdem sich beide Familien außergerichtlich geeinigt hatten, wurde die Ehe schließlich doch noch annulliert.
Ein Verbot wäre ein symbolischer Erfolg
Nun scheint es mit dieser Interpretation des Rechts in Saudi-Arabien jedoch zu Ende zu gehen. Die arabische Nachrichtenwebsite Elaph meldete, das saudische Justizministerium bereite ein Gesetz gegen Kinderheiraten vor. Darin werde ein Mindestheiratsalter von 17 Jahren festgesetzt.
Erste Anzeichen, dass das saudische Regime einen Kurswechsel in dieser Frage erwog, gab es schon im Februar 2010, als die Menschenrechtskommission der Regierung einen Anwalt an die Seite einer Mutter schickte, die versuchte die Heirat ihrer 12-jährigen Tochter mit einem 80-jährigen Cousin des Vaters zu verhindern.
Vergangene Woche nun brachte die Menschenrechtskommission im Schura-Rat einen Gesetzesvorschlag ein, der Kinderheiraten verbietet. Da Saudi-Arabien kein Parlament hat, dient dieser Rat als Ersatz. Seine 150 Mitglieder werden jedoch allesamt vom König ernannt, und seine Entscheidungen sind lediglich Empfehlungen. Der Rat, in dem die Religiös-Konservativen nur eine Minderheit haben, stimmte dem Gesetzesvorschlag mit großer Mehrheit zu und schickte ihn an das Justizministerium.
Ibrahim al-Mugaitib von der unabhängigen Menschenrechtsgruppe Human Rights First lobte den Gesetzesvorschlag. "Das ist ein kleiner Erfolg für uns, aber er ist wichtig, denn der Fall zeigt, dass es einen Weg in Saudi-Arabien gibt, mit solchen Problemen umzugehen. Der Schura-Rat war der richtige Ort, um darüber zu entscheiden, und niemand von den Religiös-Konservativen hat sich beschwert."
Auch die wohl bekannteste saudische Frauenrechtlerin Wajiha Huwaider zeigte sich zufrieden. Sie sagte, zwar seien Kinderheiraten selten in Saudi-Arabien, aber sie zu verbieten, sei ein wichtiger symbolischer Erfolg. "Die einzige Art, diese rechtliche sanktionierte Vergewaltigung abzuschaffen, ist ein Gesetz dagegen. Das wird nun passieren."
Leser*innenkommentare
@taz redaktion
Gast
habt ihr sie noch alle, einen kommentar wie den von bucaneer freizuschalten? alle muslime sind vergewaltiger steht da. so etwas ok zu finden, ist rassistisch. einfach ekelhaft! was ist denn da los bei euch? lesen bei euch nur noch 14jährige praktikanten gegen?
Daniel Preissler
Gast
@Swantje, Bucaneer, Sabine
Das war nicht wörtlich zu nehmen, was Markus da geschrieben hat, sondern eine antiislamische Polemik.
Bucaneer: "ehe heißt im islam sexuelle GEWALT gegenüber frauen und mädchen"
Überspitzt kann man das so sehen - wie eben im Christentum auch (siehe mein letzter Kommentar: Vergewaltigung in der Ehe ist in der BRD seit m.W. 1997 strafbar, davor hat sich die CHRISTLICH-Demokratische Union dagegen gesträubt, erzwungenen Sex in der Ehe als Vergewaltigung anzuerkennen!).
Wenn eine Gesellschaft aber ausreichend (was immer auch das sei) Respekt vor dem Individuum und seiner Würde hat, kann das patriarchale Erbe der monotheistischen Religionen zumindest überdeckt, deutlich abgeschwächt oder eingebunden werden - so wie wir es einigermaßen hinkriegen (seit wenigen Jahren). Hoffen wir, dass Ähnliches in Ägypten und Tunesien gelingt und das dann wiederum auf andere Länder abstrahlt!
Grüße, dp
Hans Stoffel
Gast
Die Gelehrten der Wahabiten-Sekte (deren Auslegung des Islams in Saudiarabien maßgeblich ist) praktizieren eine selektive (man möchte fast sagen: beliebige) Auswahl der Quellen, auf die sie ihre Gutachten (Fatwen) stützen.
So zitiert man das (angebliche) Heiratsalter der Aischa (tatsächlich sind die Quellen in diesem Punkt gar nicht so eindeutig wie vielfach - auch in muslimischen Kreisen - angenommen wird), unterschlägt aber die (gut belegten) Äußerungen des Propheten, nach denen ein Mädchen selbstverständlich das Recht hat, eine arrangierte Ehe abzulehnen.
Würde man diese Aussagen angemessen berücksichtigen, wären die Urteile geradezu zwingend anders ausgefallen.
Es grüßt Euch: Stoffel
Sabine
Gast
An Markus: die Menschwürde,die Unverletzlichkeit der Person,die Mitmenschlichkeit zählen für dich wohl nicht ?
Was ist das für eine Religion in deren Namen Kinder verheiratet und zu Geschlechtsverkehr gezwungen werden. Das ist nichts als menschenverachtend und
du schreibst was von Affront gegen gläubige Moslems.
Ich glaube daran,dass ich ein Menschenherz opfern muss, damit es ein schöner Sommer wird. Ich nehme
deines!
buccaneer
Gast
@ markus
aber ein schritt reichtung zivilisation als immer den ideen des päderasten muhammet blind hinterherzulaufen.
ehe heißt im islam sexuelle GEWALT gegenüber frauen und mädchen, egal wie alt sie sind!
Swantje
Gast
Die rechtlich legetimierte Vergewaltigung von Kindern abzuschaffen, hat wohl kaum etwas mit einem Angriff auf den muslimischen Glauben zu tun.
Daniel Preissler
Gast
@Mirko
vermutlich nicht. So wie es auch in Deutschland Ende der 90er keine Klagewelle wegen vergangener Vergewaltigungen in der Ehe gegeben hat.
Der Begriff "Minderjährige" ist übrigens ein recht willkürlich gefüllter: Zur Erinnerung: In den 60ern wurden auf einmal 18Jährige volljährig (das gehört zum "selbstgesponnenen Bedeutungsgewebe", von dem die Ethnologen sprechen). Davor musste man 21 Jahre alt werden. Ich habe mich an die 18 gewöhnt, für Amis sind es selbstverständlich die 21. Heiratserlaubnis ab 17 in Saudi-Arabien wäre etwas Ähnliches (Jugendschutz) und höher als in der BRD (16 J. bei Zustimmung der Eltern).
@Markus
Nette Polemik. Man sollte allerdings beachten, dass Ehen nicht zwangsläufig vollzogen werden, sobald sie geschlossen werden (wie im mittelalterlichen/frühneuzeitlichen Europa). Das ist im Islam bei einem gewissen Alter (ich weiß leider nicht genau bis zu welchem) nicht akzeptiert. Es kommt dennoch vor, zumal wenn die Braut schon bei ihrem Mann lebt. Daher wären die 17 Jahre eine mehr als begrüßenswerte Schranke. Die würde zwar immer noch gelegentlich unterboten (wie bei jedem Gesetz), aber es KÖNNTE sich gesellschaftlich etwas ändern, da sich wenigstens Väter in bestimmten Positionen daran halten müssten, was dann auf den Rest der Gesellschaft abstrahlen könnte (in den nächsten 10-20 Jahren).
Grüße, dp
Sabine
Gast
@Markus, wo im heiligen Koran steht denn bitte, daß Mädchen bevor sie 17Jahre alt sind heiraten müssen/sollen?
In anderen islamichen Ländern gelten solche Gesetze schon länger und ich glaube nicht, daß es der Gläubigkeit der Menschen dort geschadet hat.
Mirko
Gast
Wenn dieses Gesetz dann in Kraft treten sollte, werden dann alle bestehenden Ehen mit Minderjährigen, gleich automatisch mitannuliert?
Renegade
Gast
Hier ein sehr ausführlicher Artikel aus der National Geographic, der sich mit diesem Thema v.a. im Jemen und in Indien beschäftigt:
http://ngm.nationalgeographic.com/2011/06/child-brides/gorney-text/1
Markus
Gast
Schade das Saudi-Arabien einknickt. Das ist ein Affront gegenüber jeden gläubigen Moslem.