Kommentar Deutsche Ideen zu Griechenland: Eine Pleite wird vergoldet

Einige deutsche Abgeordneten denken, die Griechen könnten einfach ihr angeblich gewaltiges Staatsvermögen veräußern. Dieser Vorschlag ist nah am Boulevard. Mehr nicht.

An Vorschlägen fehlt es nicht, wie sich die griechische Staatspleite lösen ließe. Doch komisch ist, dass es trotz dieser kreativen Ideen noch immer eine Eurokrise gibt. Offenbar passen die Ratschläge nicht zur Realität. Diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist auch bei den Vorschlägen zu beobachten, die in der Union und FDP zirkulieren.

Immer noch beliebt ist bei einigen Abgeordneten die Idee, die Griechen könnten einfach ihr angeblich gewaltiges Staatsvermögen veräußern. Dieser Vorschlag ist nicht weit entfernt vom Boulevard, der schon vor einem Jahr befand, die Griechen sollten sich von der Akropolis und ihren ägäischen Inseln trennen.

Allerdings dämmert selbst den Anhängern einer umfassenden Privatisierung, dass es schwierig werden dürfte, Käufer für die häufig maroden griechischen Staatsbetriebe zu finden. Wer will schon eine Eisenbahn erwerben, die Milliardenverluste einfährt?

Also ventilieren Abgeordnete der Regierungsfraktionen eine abgewandelte Idee: Man könnte das griechische Staatsvermögen "verbriefen" und als Wertpapier veräußern. Theoretisch ist die Idee bestechend: Aus immobilen Werten würde mobiles Kapital. Der Schuldenabbau könnte beginnen.

Praktisch scheitert dieser scheinbar geniale Vorschlag an einem simplen Detail: Wer Werte verbriefen will, muss sie vorher bewerten. Dabei würde wieder das Problem auftauchen, dass eine Wirtschaft in der Krise für Investoren nicht attraktiv ist - bei der Verbriefung also nur Ramschpreise für den griechischen Staatsbesitz angesetzt werden könnten.

Dass die Privatisierung allein nicht weit trägt, haben auch einige Liberale und Unionspolitiker eingesehen. Ihre neueste Idee: Man könnte auf eine "freiwillige" Umschuldung setzen. Die Banken sollen ihre griechischen Staatsanleihen in länger laufende Papiere tauschen - also einen Zahlungsaufschub gewähren. Aber warum sollten Banken dies tun? "Freiwillig" bucht niemand Verluste.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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