Pastafarianismus in Österreich: Ein Nudelsieb als Glaubensfrage
Das Fliegende Spaghettimonster ist sein Gott, ein Nudelsieb die notwendige Kopfbedeckung für den Österreicher Niko Alm. Das versteht nun auch das Verkehrsamt.
WIEN taz | Der Pastafarianismus hat den ersten Schritt zur Anerkennung als Religionsgemeinschaft in Österreich geschafft. Und das kam so: Der Publizist und Multi-Unternehmer Niko Alm, bekennender Anhänger dieser aus Kansas, USA, stammenden Glaubensrichtung, hat am 12. Juli einen Führerschein bekommen. Kommentarlos und nach dreijähriger Wartezeit. Auf dem Foto bedeckt er sein Haupt mit einem Nudelsieb – einer Kopfbedeckung, deren Notwendigkeit er aus seiner Religion ableitet.
Alm feiert seinen Sieg über die Behörden auf seinem Blog: "Ich weiß nicht, wie oft ich mich in den letzten 3 Jahren schluchzend aufs Bett warf. Zu oft hatten mir die staatlichen Behörden die Ausübung meiner Religionsfreiheit madig machen wollen." Sogar zum Amtsarzt wurde er geschickt. Der habe ihm die psychische Fähigkeit zum Lenken eines Fahrzeuges bescheinigt. Doch mit dem Spaghettisieb wollte sich das Verkehrsamt nicht anfreunden, als Alm vor mehr als drei Jahren den Führerschein beantragte.
Der Pastafarianismus ist keine Erfindung des 34-jährigen Österreichers. Vielmehr geht er auf den US-amerikanischen Physiker Bobby Henderson zurück, der 2005 beantragte, die Kosmogonie dieser Religion in den Schulunterricht von Kansas aufzunehmen, als in diesem Bundesstaat der Kreationismus in seiner Spielart der Lehre vom "Intelligent Design" als Alternative zur Evolutionstheorie eingeführt wurde. Sein Argument: Wenn schon Wahlfreiheit für krause Theorien, dann für alle.
Nudelige Tentakeln
Gottheit des Pastafarianismus ist das Fliegende Spaghettimonster (Flying Spaghetti Monster, FSM), Schöpfer und Lenker des Universums. In einem "Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters" erklärt Henderson die Entstehung der Erde und ihre physikalischen Gesetze. So werden wir Menschen von den nudeligen Tentakeln der Gottheit auf der Erde festgehalten. Die Erderwärmung wird in Korrelation zur verminderten Anzahl von Piraten gesetzt.
Außer Alm, der gleichzeitig bekennender Atheist ist, sind keine Adepten der Glaubensrichtung in Österreich bekannt. Das Nudelsieb ist auch keine zwingend vorgeschriebene Kopfbedeckung. Alm entschloss sich zu seinem Experiment, als er hörte, dass das Tragen einer Kopfbedeckung auf Führerscheinfotos zwar prinzipiell unstatthaft sei, aus religiösen Gründen aber Ausnahmen gemacht würden, etwa für das muslimische Kopftuch oder den Turban der Sikh. "Jetzt ist es so, dass ich die migräne-induzierende Strahlung des Flying Spaghetti Monster eigentlich nur durch das Tragen eines handelsüblichen Ikea-Nudelsiebs abschirmen kann", so Alm auf seiner Homepage.
"Da es sich hier um das direkte übernatürliche Einwirken eines Übernatürlichen Wesens (FSM) unter Ausschaltung aller nachweisbaren Naturgesetze handelt, also ein Wunder, kann meine Kopfbedeckung nur religiös begründet sein." Das Wiener Verkehrsamt konnte dieser Argumentation nach angemessener Nachdenkpause offenbar folgen. Alm rechnet aber mit weniger Verständnis bei den Verkehrspolizisten auf der Straße: "Goldene Fahrzeiten brechen an! Und ich bin sicher, dass ich ab jetzt bei jeder Routinekontrolle das ganze Programm abbekomme: Warnweste, Pannendreieck, Erste-Hilfe-Flickzeug, Zulassungsschein, Blasen."
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