piwik no script img

Neues Bussystem für HamburgFlotte Busse im Schritttempo

Senat stellt Kleinigkeiten als Hamburgs Bussystem der Zukunft vor. Ein paar Busspuren und neue Fahrkartenautomaten sollen Ersatz für die Stadtbahn sein.

Die Innovation auf Rädern: Busfahrer soll ein Job mit rosiger Zukunft werden. Bild: dpa

HAMBURG taz | Mit einem "Bussystem der Zukunft" will der Senat den Öffentlichen Nahverkehr verbessern. Schneller, zuverlässiger und bequemer sollen in absehbarer Zeit Busse über die Straßen der Stadt rollen, teilte Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) am Dienstag im Rathaus mit. Deshalb werde in den nächsten Jahren "Schritt für Schritt ein tragfähiges Mobilitätskonzept umgesetzt", sagte Horch.

Dafür sollen in einer ersten Phase bis 2016 die Metrobus-Linien 2, 3, 5, 6, 7, 20 und 25 flotter gemacht sowie der Eidelstedter Platz neu gestaltet werden. Im zweiten Schritt sollen bis 2020 die Metrobus-Linien 1, 23 und 26 ertüchtigt werden. Erreicht werden soll das durch mehrere Maßnahmen: eigene Busspuren auf den Straßen, "wo dies möglich ist", Vorrang für Busse an Ampeln, Umbau von Bushaltestellen samt Aufstellung von Fahrkartenautomaten und den Umbau mehrerer Kreuzungen. So sollen zum Beispiel die Kreuzungen Hoheluftchaussee / Gärtnerstraße am Ring 2 und Grindelallee / Edmund-Siemers-Allee / An der Verbindungsbahn mit einem Aufwand von jeweils mehr als einer Million Euro busfreundlich umgestaltet werden.

"Manchmal sind verblüffend einfache Mittel ausreichend", beteuerte Ulrich Sieg vom Vorstand der Hamburger Hochbahn (HHA). Journalisten hatten ihn gefragt, wo der von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungserklärung im März angekündigte große Wurf geblieben sei. "Das modernste Bussystem Europas" werde Hamburg bekommen, sagte Scholz damals. "Viele Kleinigkeiten bringen in der Summe auch etwas", heißt es nun von Sieg.

Die Stadtbahn

In Planung waren vier Linien von mehr als 52 Kilometern Länge.

Trassen: Die erste Linie sollte auf 7,8 Kilometern Länge von Bramfeld über Steilshoop, City Nord und Winterhuder Markt zum U-Bahnhof Kellinghusenstraße führen.

Kosten: Sie war mit gut 19 Millionen Euro pro Kilometer veranschlagt. Die U4 in die Hafencity kostet 75 Millionen je Kilometer.

Kapazitäten: Im Fünf-Minuten-Takt pro Stunde und Richtung schaffen Solobusse 850 Fahrgäste, Gelenkbusse 1.300 und Doppelgelenkbusse 1.700 Passagiere. Eine Stadtbahn mit zwei Waggons schafft 2.900 Fahrgäste, mit drei Waggons 4.000, mit fünf Waggons 5.800 Passagiere.

"Für ein neues Verkehrssystem, die Stadtbahn, fehlt das Geld", bekräftigte Horch. Deshalb gelte die Konzentration nun dem Ausbau des Bestehenden, und dafür kämen Busse gerade recht. 259 Millionen Euro will der Senat sich sein Konzept kosten lassen. Dafür würden bei der Bürgerschaft für die nächsten beiden Jahre 53 Millionen Euro "als Mehrbedarf aufgrund herausragender politischer Priorität" beantragt. Der große Rest werde in den nächsten Jahren in den Haushalt eingestellt werden, kündigte Horch an.

Das seien "nur kosmetische Maßnahmen", kritisiert der grüne Verkehrspolitiker Till Steffen. Das Busbeschleunigungsprogramm bleibe weit hinter den Möglichkeiten zurück: "Neue Ampelschaltungen bringen nichts, wenn der Bus am Stau vor der Ampel nicht vorbeikommt", warnt Steffen.

Von einem "verkehrspolitischen Irrflug" spricht die CDU. Wegen ihrer begrenzten Kapazitäten würden Busse (siehe Kasten) die prognostizierten steigenden Passagierzahlen auf Dauer nicht bewältigen können, gibt der Verkehrspolitiker Klaus-Peter Hesse zu bedenken. Alle Fachleute seien sich einig, "dass die Verkehrsprobleme so nicht gelöst werden können". Die bessere Lösung sei die Stadtbahn, stellt Hesse klar. Busspuren sollten deshalb so gebaut werden, dass darauf in Zukunft einmal Straßenbahngleise verlegt werden könnten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • HM
    H-J Maass

    Wenn es denn so wäre, dass der ÖPNV auch in 30 Jahren noch kollektiv organisiert wäre, dann wäre die Stadtbahn vermutlich die bessere Wahl. Es wird aber anders kommen. Guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Personal_Rapid_Transit . Die dort beschriebenen Systeme sind – von wenigen Anwendungsfällen abgesehen - schneller, bequemer, leiser, sicherer, energieeffizienter und billiger als Bus, Bahn oder Auto.

     

    Durch den rasanten Fortschritt der Mikroelektronik werden PRT-Systeme in wenigen(!) Jahren ihren kommerziellen Durchbruch erleben. Und deshalb stellt sich die Frage auch nicht: Bus oder Bahn?, sondern: Bus, Bahn oder PRT.

     

    Wanderer, kommst Du nach London-Heathrow, so begib Dich zum Terminal 5 und dort in das Parkhaus in den 2. Stock und mache von dort aus mal eine Probefahrt mit dem modernsten und umweltfreundlichsten ÖPNV-System der Welt. Ein taz-Redakteur aber, der über ÖPNV-Systeme schreibt und diese Erfahrung nicht gemacht hat, sollte besser einfach mal die Feder still halten.

  • S
    Stiefelchen

    Hans-Ulrich Klose hatte seinerzeit die Straßenbahn abgeschafft. Vermutlich werden wir frühestens nach dessen Tod erfahren, welche uneigennützigen Gründe ihn dazu bewegt haben, auf die Diesel-Lobby zu hören! Würde der damalige Betrug bekannt werden, wäre das vermutlich die wirksamste politische Beschleunigung für das Stadtbahnprojekt!

  • M
    mimi-kri

    die metrobus-linien sollten flotter gemacht werden!?

     

    das ich nicht lache:

     

    ab anfang märz müssen alle fahrgäste, die mit dem bus fahren wollen, vorne einsteigen und die fahrausweise vorzeigen!

     

    das ist doch lächerlich, solche sogenannten

    "modernisierungsmaßnahmen" sind fürn ar . . . ! wir sollen mal wieder für viel geld für dumm verkauft werden!

  • HS
    Hans Streck

    Grundsätzlich finde ich es richtig und nachhaltig, wenn bestehende Systeme erstmal ausgebaut und optimiert werden, bevor man sich ein neues Komplettsystem anschafft.

     

    Im vorliegenden Fall kommt es mir jedoch so vor, als ob die SPD sehr kurzfristig denkt. Die Verkehrsexperten sind sich einig, dass das nicht reicht und an der Stadtbahn kein Weg vorbeiführt. Wäre es dann nicht sinnvoller und noch nachhaltiger, die knappen finanziellen Mittel nicht noch in ein aussterbendes Verkehrsystem zu stecken sondern gleich die Zukunft in Angriff zu nehmen? Man kann Schwarz-Grün sehr viel vorwerfen, jedoch nicht, dass sie keine Visionen hatten. Die Hamburger SPD kommt mir hingegen eher so vor, als ob der Ist-Zustand solange wie möglich erhalten bleiben soll - Moment, verweile doch du bist so schön. Diese Politik kann nur schief gehen oder in wenigen Jahren mit noch mehr Geld ausgelöst werden.

     

    Eine wachsende Stadt braucht eine gute Infrastruktur. Hamburgs Verkehrssystem ist schon heute veraltet und wird der Zukunft nicht gerecht. Im nationalen und internationalen Vergleich muss man sich wundern, wie Hamburg den Verkehr von morgen ohne Stadtbahn, mit drei U-Bahn-Linien, einem einzigen ernstzunehmenden (und überlasteten) Fernbahnhof und einem Flughafen ohne Fernbahnanschluss schaffen will.