Kommentar Christian Wulff: Der Nächste, bitte!

Christian Wulff ist immun gegen das Empfinden von Schuld und Scham. Nun wird er über die Aufhebung seiner Immunität als Bundespräsident stürzen.

Irgendwie musste es so kommen. Und es passt auch ins erschütternde Bild, dass Bundespräsident Wulff aller Voraussicht nach nicht über ein weiteres Detail stolpert, das ans Tageslicht kommt, sondern über die Aufhebung der Immunität stürzen wird.

Aufgehoben werden kann diese Schutzfunktion eines Bundespräsidenten zwar nur vom Bundestag. Aber allein der Antrag der Staatsanwaltschaft Hannover wird reichen, um ihn zu zwingen, sein Amt niederzulegen.

Schon jetzt ist es mindestens verstörend, wenn sich das Staatsoberhaupt beispielsweise in Italien zum Thema Korruption äußern will. Ein deutscher Präsident, gegen den öffentlich ein Antrag zur Aufhebung der Immunität diskutiert wird, das wird auch unsere eiserne Lady nicht wollen. Das ist für Bundeskanzlerin Angela Merkel noch weniger auszuhalten als die Verhandlungen mit der SPD über einen geeigneten Nachfolger.

Wulffs Kalkül, sich mit einer mutmaßlich sogar wichtigen Rede zum Gedenken an die Nazi-Morde Ende Februar aus dem selbstverantworteten Schlamassel zu ziehen, geht nicht auf.

Es wurde in den vergangenen Wochen klar, dass dieser Mann keinerlei Instinkt besitzt, um abzuschätzen, was sich gehört und was sich nicht gehört, wo die Freundschaft eben aufhört und die Korruption beginnt.

Ein entsprechendes Armutszeugnis ist es auch für seine sogenannten politischen Freunde, dass sie ihn nicht besser berieten und ihm diesen Abgang ersparten.

Wulff also wird nun wohl gehen. Weil die Immunität aufgehoben wird. Die Immunität eines Mannes, der selbst immun ist gegen das Empfinden von Schuld und Scham.

Der nächste bitte!

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Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

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