piwik no script img

Kommentar Wüstenkrieg in MaliRatlose Putschisten

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Dass die Tuareg-Rebellen im Norden Malis die Kontrolle übernehmen, ist eine logische Folge des Putsches. Jetzt sind die Nachbarstaaten gefragt.

M alis Tuareg-Rebellen haben den Norden ihres Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Alle drei wichtigen Städte der Wüstenregion, in der sie ihren unabhängigen Tuareg-Staat Azawad ausrufen wollen, sind innerhalb weniger Tage an die Aufständischen gefallen.

Das ist eine logische Folge des Militärputsches in der malischen Hauptstadt Bamako am 21. März. Die Junta unter Kapitän Amadou Sanago, die den gewählten Präsidenten Amadou Toumani Touré stürzte, hatte ihren Staatsstreich damit begründet, man wolle sich nicht länger an der Front verheizen lassen. Kein Wunder, dass die Armee seit dem Putsch keine Lust zum Kämpfen mehr hatte. Es war schließlich das Überlaufen hochrangiger Militärs zu den Rebellen, das deren Triumph möglich machte.

Andererseits haben die Putschisten betont, sie wollten Malis Einheit retten, und Unterstützung gegen die Rebellen gefordert. Nun stehen sie selbst in der Situation, vor der sie Mali bewahren wollten: Das Land ist faktisch geteilt. Kein Wunder, dass die Putschisten jetzt ratlos sind. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand, denn sie haben Mali nichts anzubieten.

taz
Dominic Johnson

ist Ko-Leiter des Auslandsressorts und zuständig für die Afrika-Berichterstattung.

Dazu hat auch die eindeutige Positionierung der westafrikanischen Nachbarn beigetragen. Sie haben den Putsch umstandslos verurteilt und mit finanziellen und militärischen Maßnahmen gedroht. Es scheint, als hätten die Drohungen Früchte getragen. Die Putschisten sind dabei, klein beizugeben. Damit spricht jetzt alles dafür, dass es in Mali einen politischen Dialogprozess geben könnte – der dann natürlich auch die Tuareg-Rebellen einschließen müsste.

Diesen Prozess muss die Region mitgestalten, wenn sie es ernst meint. Dieselbe Entschlossenheit, mit der Westafrika die Putschisten zum Einlenken brachte, ist jetzt gefragt, wenn es um die Neuordnung Malis geht.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • D
    D.J.

    Nordafrika dürfte voerst an die religiöse Barbarei verloren sein. Europa und die aufgeklärte Welt muss so lange eine konsquente Abschirmunspolitik betreiben (dazu gehört aber auch - und nur - die Aufnahme der Opfer dieses religiösen Wahns). Ich denke, dass auch die ideologisch verbohrtesten Linken das ebenso wie die Interventionisten noch begreifen werden.