Neues Talk-Format mit Laiendarstellern: Alles nur gespielt
Ab Montag testet Sat.1 den nächsten Daily Talk: „Ernst Marcus Thomas – Der Talk“. Laiendarsteller sollen Geschichten aus einem Drehbuch aufsagen.
BERLIN taz| Es war einmal der Daily Talk: Freaks, Familienduelle, Vaterschaftstests. Nichts Menschliches war ihm fremd, in den 90ern entdeckte Deutschland – mal wieder nach US-Vorbild – die Lust an der Zurschaustellung der Intimsphäre ihrer tendenziell asozialen Nachbarn in den Sendungen von Arabella Kiesbauer, Hans Meiser und Jürgen Fliege.
Seit dem Aus für die „Oliver Geissen Show“ bei RTL 2009 ist das Sat.1-Format „Britt – Der Talk um eins“ der letzte Daily Talk im deutschen Fernsehen. War es zumindest bis Anfang Juli, denn im Anschluss an den zweiwöchigen Testlauf für „Annica Hansen – Der Talk“ probiert Sat.1 von Montag an „Ernst Marcus Thomas – Der Talk“ aus – Totgesagte leben länger: Der Gewinner soll ab Herbst in Serie gehen.
War es bei „Hans Meiser“ noch ein Skandal, wenn sich einzelne Gäste oder gar ganze Sendungen als gefaket entpuppten, ist das bei den neuen Sat.1-Talks Konzept: Die Gäste zu Themen wie „Mief – So wie du stinkst, bist du eine Zumutung!“ sind allesamt Laiendarsteller, die abstruse Geschichten aus einem Drehbuch aufsagen – Scripted Reality eben.
„Mega-Zoff um Talk-Queen Annica Hansen“, titelte bild.de anlässlich dieser Entdeckung des Offensichtlichen, war mit diesem Furor allerdings ziemlich allein. Dass man dem Privatfernsehen nicht trauen kann, hat sich mittlerweile rumgesprochen – schert die Sender in ihrer skandalösen Einfallslosigkeit jedoch erschreckend wenig.
Umso beruhigender, dass die Zuschauer ihre Macht nutzten und „Annica Hansen“ nach einem passablen Start die junge Freundschaft kündigten und einfach nicht mehr einschalteten. Der Marktanteil stürzte von 10,8 auf 6,8 Prozent. Eine Fortsetzung ist also unwahrscheinlich. Warum sie überhaupt das tote Pferd Daily Talk noch mal reiten, hätte man die Sat.1-Verantwortlichen gern gefragt.
Die waren allerdings leider nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Begründung: Sie seien mit dem Start von „Ernst Marcus Thomas – Der Talk“ zu beschäftigt.
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