Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Mehr Flüchtlinge kriegen Elterngeld
Bürgerkriegsflüchtlinge können nach drei Jahren in Deutschland Elterngeld bekommen. Das hat das Verfassungsgericht entschieden.
FREIBURG taz | Bürgerkriegsflüchtlinge erhalten künftig generell Elterngeld, wenn sie kleine Kinder haben. Das Bundesverfassungsgericht erklärte den bisherigen Ausschluss von Bürgerkriegsflüchtlingen, die nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind, für verfassungswidrig.
Grundsätzlich können auch Ausländer Elterngeld erhalten. Der Gesetzgeber wollte die Sozialleistung aber auf jene beschränken, die vermutlich dauerhaft in Deutschland bleiben. Ausländer, die eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis haben, bekommen deshalb ebenso Elterngeld wie Flüchtlinge, die wegen ihrer politischen Verfolgung in Deutschland Asyl erhielten.
Bürgerkriegsflüchtlinge und andere Flüchtlinge mit einer humanitären Aufenthaltserlaubnis waren dagegen bisher vom Elterngeld ausgeschlossen – es sei denn, sie leben seit drei Jahren in Deutschland und sind in den Arbeitsmarkt integriert – dazu zählt, wer arbeitet oder nach früherer Erwerbsarbeit Arbeitslosengeld 1 bezieht.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat es grundsätzlich gebilligt, dass das Elterngeld auf jene Ausländer beschränkt wird, die voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleiben. Die Integration in den Arbeitsmarkt sei dafür aber kein sinnvolles Unterscheidungsmerkmal – schließlich kämen Bürgerkriegsflüchtlinge nicht nach Deutschland, weil sie hier arbeiten wollen, sondern wegen der Situation im Heimatland. Die Regelung sei daher nicht sachgemäß und verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes.
Bisherige Regelung diskriminierte Frauen
Zudem stelle die Regelung eine unzulässige Diskriminierung von Frauen dar, weil diese im achtwöchigen Mutterschutz gar nicht arbeiten dürfen, und anschließend – wenn sie stillen – bei der Arbeit aus biologischen Gründen eingeschränkt sind. Die Richter erklärten die Regelung nun für nichtig. Damit haben ab sofort alle Bürgerkriegsflüchtlinge, die länger als drei Jahre in Deutschland leben, Anspruch auf Elterngeld, wenn sie ihr kleines Kind zu Hause betreuen.
Zwar wird das Elterngeld (Sockelbetrag 300 Euro) mit Hartz-IV-Leistungen verrechnet. Der Karlsruher Beschluss hat aber praktische Relevanz, wenn zum Beispiel der Ehemann arbeitet und seine Frau nicht.
(Az. 1 BvL 2/10 u. a.)
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