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Kommentar Obamas RedeBill Clinton hat mehr beeindruckt

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Die Parteitage haben funktioniert, alle Redner haben ihren Job gemacht. Wobei Obamas Auftritt vergleichsweise langweilig war.

B arack Obama ist noch immer ein guter Rhetoriker. Allerdings: Viel zu sagen hatte er nicht bei seiner lang erwarteten Rede zum Abschluss des Nominierungsparteitags der Demokraten am späten Donnerstag abend. Er verkündete ein paar neue Ziele, die er in einer zweiten Amtszeit erreichen wolle – Reduzierung des CO2-Ausstoßes, Jobs, 100.000 neue Lehrer, Stärkung des Rentensystems, Senkung der Kosten des Gesundheitssystems und einiges mehr - und erwähnte mit keinem Wort, wie er das zu finanzieren gedenke.

Seine Ankündigungen, das Defizit um vier Billionen Dollar verringern zu wollen, lassen sich leidlich und mit gutem Willen nachrechnen, aber wirklich konkret wurde der Präsident nicht, ebensowenig wie sein Herausforderer Mitt Romney vor einer Woche beim Parteitag der Republikaner in Florida.

Diese Parteitage rund zwei Monate vor der Wahl haben immer drei Ziele: Sie sollen dem Wahlvolk die Kandidaten auch persönlich näherbringen und die kostenlose Sendezeit nutzen, um grundsätzliche Positionen und Unterschiede zu verdeutlichen. Das wichtigste aber ist: Sie sollen die eigene Basis aufputschen und damit die wirklich wählen geht.

taz
Bernd Pickert

ist Auslandsredakteur der taz.

Immer weniger Wechselwähler

Beide Parteitage dürften alle drei Ziele erreicht haben, womöglich mit leichtem Vorteil für Romney. Als umstrittener Kandidat innerhalb der eigenen Partei konnte er die Convention nutzen, um die Reihen hinter sich zu bringen und sich dem allgemeinen Wahlvolk menschlicher zu präsentieren.

Für Obama wie für seinen Herausforderer aber noch wichtiger ist es, ein möglichst unsympathisches Abziehbild des Gegners zu zeichnen. Hier Mitt Romney und seine Republikaner, deren gesamte politische Idee sich darin erschöpfe, Steuern für die Reichen zu senken. Dort Obamas Demokraten, die ganz unamerikanisch die Entscheidungsfreiheit des Unternehmertums durch Bürokratie und staatliche Überregulierung einschränken wollen und uramerikanische und religiöse Werte wie Individualismus, Schutz der Familie und des Lebens mit Füßen treten.

Auch das Zeichnen dieser Karikaturen ist beiden Parteitagen gelungen. Keine Seite darf damit rechnen, dass diese zehn Tage der Conventions ihre Ausgangsbedingungen für die Wahl deutlich verbessert haben.

Worum es jetzt wirklich geht

So wird es im November auf anderes ankommen. Gelingt es den Republikanern, den Zugang zu den Wahlurnen für demokratische Kerngruppen in einigen entscheidenden Bundesstaaten durch neu verlangte Ausweispflichten einzuschränken? Können die Abermillionen Dollar, die einige rechte Großspender über Political Action Comittees und die – nach ihrem Steuercode – so genannten 501er-Gruppen in den Wahlkampf einspeisen, den Unterschied ausmachen? Kann das Obama-Lager seine Hunderttausenden von E-Mail-Adressen aus dem 2008er-Wahlkampf noch einmal gewinnnbringend einsetzen?

Eine kleine Chance für inhaltliche Debatten dürften noch die Fernsehdebatten bieten, vermutlich die größte Herausforderung für Mitt Romney, der schon in den unzähligen TV-Debatten im Vorfeld der Nominierung oft keine gute Figur machte.

Sicher aber ist: Die erschreckende Reformunfähigkeit der USA auch unter Obama lag nicht am Mangel an Ideen, sondern am parlamentarischen Stillstand, an der parteipolitischen Polarisierung, die das System der Checks & Balances zu einem System der fortwährenden Blockade transformiert hat. Der Kongress spiegelt dabei die Situation des Landes, das, gefangen in einem harten Kulturkampf zwischen Konservativen und fortschrittlich-liberalen, immer weniger gemeinsame Überzeugungen finden kann. Die Wahl 2012, wie immer sie ausgeht, wird diese Gräben weiter vertiefen.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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8 Kommentare

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  • D
    dieter

    Eins vorweg, ich war viel in den USA und ich bin mit vielen Amerikanern befreundet.

    Die USA müssen Kriege führen um ihre Rüstungsmaschinerie in Gang zu halten. Die Rüstung ist gleichzeitig das letzte Stück Industrie das noch funktioniert. Weil es seit Reagen einfacher ist mit Geld Geld zu machen, als mit Produktion von Gütern.

    Den 100 reichsten Familien ist es ziemlich egal wer unter ihnen President spielt. Bezahlt werden die Wahlkämpfe beider Parteien, die wahren Entscheidungsträger sind immer auf der sicheren Seite.

    @dieter zwo

    Meine Einschätzung Romney bei der NPD zu verorten, hat mit dem zu tun, was er sagt. Amerika den Amerikanern, Rechte für Minderheiten abschaffen, Frauen entrechten und Krieg ankündigen (Iran und Syrien).

    Ich wünschte ich würde übertreiben.

    Und ich wünschte Obama wäre eine Alternative. Wenn man Obama aber an seinen Taten misst und nicht an seinen wohlklingenden Worten, dann bleiben mangelhafte Rechtsstaatlichkeit (Guantanamo, Mannings, Drohnen etc) Und Politik für die Reichen:

    Weiterhin Deregulierte Finanzwelt lächerliche Steuer für Gutverdiener und Vermögende.

    Um den Laden am Laufen zu lassen, muss Krieg geführt werden. Und der nächste Krieg wird jetzt grade vorbereitet. Ich wünsche mir ehrlich, dass ich Unrecht habe. Wir werden es ja erleben in den nächsten Monaten...

    @Sascha

    Wir Deutschen partizipieren an diesem System, und auch bei uns haben die Vermögenden viel zu viel Macht, sehe ich auch so.

  • V
    viccy

    @ Hulk

     

    Zwischen "rechts" und "rechtsextrem" nicht unterscheiden zu können, ist allerdings auch nicht gerade überhalb des geschmähten Schülerzeitungsniveaus.

  • V
    viccy

    @ Dieter zwo

     

    Schwulenfeindlichkeit und Abtreibungsgegnerschaft, um mal zwei Faktoren zu benennen. Dieter hat eventuell noch mehr.

  • SR
    Sascha Riesenseil

    Ich fand die Rede schon beeindruckend, insbesondere das ebenso nüchtern wie mit grosser sprachlicher Intelligenz herausgearbeitete demokratische Prinzip, ein jeder habe mit gleichen Spielregeln zu spielen.

     

    Wer Obama als bezogen auf das unsere politische Spektrum rechts verortet, hat wohl ein etwas zu gutes Bild von unseren Politikern und ein etwas zu schlechtes von den amerikanischen.

     

    Ich würde mir wünschen, die deutschen Sozialdemokraten hätten eine Persönlichkeit mit annähernd dem Charisma, welches Obama als Person noch immer rüberbringt, hört und sieht man ihn tatsächlich.

     

    Ein bisschen sollten Leute wie Dieter auch mal darüber nachdenken, ob die Kriege, welche die USA anführen, tatsächlich nur deren Kriege sind, oder nicht auch entscheidend zur Stabilisierung hier bei uns beitragen.

     

    Also, nicht alles den Amis in die Schuhe schieben, wenn man gegen den Krieg in Afghanistan ist, kann man ebenso gut oder schlecht vor dem Kanzleramt demonstrieren wie vor dem weissen Haus.

     

    Und jeder bei uns kann sich nur dringend wünschen, dass es dort drüben Barack Obama schafft und nicht diese republikanische Cinderella Mitt Romney.

     

    Wer dabei zugehört hat, wie Romney wieder und wieder den Ungeist eines Ronald Reagan heraufbeschwor, und eine neue Kur im Stil der unseligen Reaganomics, deren langzeitige Folgen gerade Europa ruinieren, dem mussten die Ohren schlackern.

     

    Natürlich kann man auch in der Wohnküche beim Fairtrade-Käffchen hocken und die Amis pauschal als Rechtsradikale und Kriegshetzer verunglimpfen. Nur dürfte ein Präsident Rommney sogar dann das grössere Übel sein: Fairtrade-Organisationen wird es nach einer neuen Äera protektionistischen Aussenhandelsimperialismus unter seiner Ägide ebensowenig noch geben als idyllische Wohnküchen im alternativen Kiez.

  • DZ
    Dieter zwo

    @ Dieter

     

    Wo genau sehen Sie Parallenlen zwischen Romney und der NPD bzw. DVU? Das würde mich doch einmal echt interessieren.

     

    Vielen Dank für Ihre sicherlich fundierte Antwort.

  • H
    Hulk

    "So wird es im November auf anderes ankommen. Gelingt es den Republikanern, den Zugang zu den Wahlurnen für demokratische Kerngruppen in einigen entscheidenden Bundesstaaten durch neu verlangte Ausweispflichten einzuschränken? Können die Abermillionen Dollar, die einige rechte Großspender über Political Action Comittees und die – nach ihrem Steuercode – so genannten 501er-Gruppen in den Wahlkampf einspeisen, den Unterschied ausmachen?" - wie peinlich. Warum kann es in der taz nicht mal einen einzigen Artikel geben, in dem es um Argumente und nicht nur um die möglichst häufige Verwendung des taz-Lienlingswortes Wortes "rechts" geht? Erst mal Romney auf eine Stufe mit irgendwelchen Glatsköpfen in Rostock stellen, dann braucht man auch keine Argumente mehr, denn der ist ja "rechts".

     

    Die Berichterstattung der taz zum Wahlkampf in den USA ist echt nur noch amateurhaft, ich weiß auch nicht, welche Zielgruppe hier bedient werden soll - irgendwelche links-dummen Stammtische in Berlin, die sich als intellektuelle Avantgarde bezeichnen, aber noch nie in den USA waren und dazu auch nur ein "Zu den Kriegstreibern will ich auch eh nicht" zu bieten haben?

     

    Dieser Artikel hier fing eigentlich gut und sachlich an, aber wird dann doch zum Totalausfall durch diese dümmlichen linken Platituden. Und wenn "die Rechten" gewinnen, dann hat man ja auch schon direkt die Entschuldigung, nämlich den nicht gewährten Zugang zu Wahlurnen. Da hat echt jede Schülerzeitung mehr Niveau - aber wie gesagt, die taz schreibt auch eh nur noch für irgendwelche dummen deutsch-nationalen Linken. was bin ich froh, dass die Deutschen in den USA nicht wählen dürfen.

     

    Ein sehr schlechter Artikel, der deutlich zeigt, dass der Autor keinerlei Verständnis für die Andersartigkeit anderer Kulturkreise hat. Ein sehr, sehr deutscher Artikel. Sehr niveaulos und dem Thema nicht angemessen.

  • RI
    rest in peace

    Die USA sind so vollkommen am Ende. Ein Land, das sich selbst komplett lähmt und den Menschen geht es immer schlechter.

     

    Am Abgrund.

  • D
    dieter

    "Kulturkampf zwischen Konservativen und Fortschrittlich Liberalen"

    Kann man so wirklich nicht sagen.

    Obama wäre in Deutschland im rechten Teil der CSU bzw. rechten Flügel der FDP zu verorten.

    Romney DVU bzw. NPD.

    Also Kampf zwischen Rechtsextremen und extrem Rechten...

    Ich hoffe auf Romney, und Revolution.

    Die USA sind nicht reformfähig, die Lektion habe ich unter Obama gelernt. Es heisst immer, der arme Obama wird blokiert.

    Die ersten 100Tage hatte er alle Freiheit die USA zu reformieren, hat in dem Zeitfenster nichts gemacht!

    Obama wird von den gleichen Leuten bezahlt, die auch die Reps bezahlen.

    Wenn Obama merkt, dass er vielleicht die Wahl verliert, wird er Krieg gegen den Iran anfangen.

    Denn den obersten Heerführer wählen die Amis nicht ab. Das ist nicht ironisch gemeint.

    Die USA müssen Kriege führen um ihr System aufrecht zu erhalten.