220.000 Kita-Plätze fehlen: „Es ist einfach nicht zu schaffen“

Knapp neun Monate vor Inkrafttreten des gesetzliches Rechtsanspruchs gibt es bundesweit 220.000 Kita-Plätze zu wenig. Die Städte befürchten Kita-Klagen.

Welch Luxus, alle haben einen Platz. Bild: dpa

BERLIN dpa | Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts fehlen noch 220 000 Kita-Plätze für Kinder unter drei Jahren, damit die Kommunen zum 1. August 2013 die Garantie für das Betreuungsangebot einlösen können. Bislang waren Experten von rund 130 000 noch fehlenden Kita-Plätzen ausgegangen.

Wie Statistikdirektor Karl Müller am Dienstag in Berlin weiter mitteilte, gab es zum Stichtag am 1. März für 27,6 Prozent der unter Dreijährigen ein staatlich gefördertes Betreuungsangebot. Benötigt würden Angebote für 39 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe. Bislang war lediglich von einem Bedarf von 33 Prozent die Rede.

Angesichts des schleppenden Ausbaus sprach sich der Städte- und Gemeindebund dafür aus, den Betreuungsanspruch durch ein Stufenmodell aufzuweichen. „So könnte der Kita-Ausbau vorangetrieben und gleichzeitig der Gefahr begegnet werden, bei den betroffenen Eltern falsche Erwartungen zu schüren“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Online-Ausgabe des Handelsblatts.

Er unterstütze damit eine Forderung der Städte in Baden-Württemberg. Diese fordern, dass der Anspruch zunächst nur für zweijährige Kinder gilt und erst im zweiten Schritt auf einjährige Kinder ausgeweitet wird.

Landsberg verlangte „flexible Lösungen“, zum Beispiel die Vergrößerung von Kindergartengruppen oder auch das vorübergehende Aussetzen gewisser baulicher Standards. „Die Eltern müssen sich darauf einstellen, dass sie nicht überall den Wunsch-Kitaplatz um die Ecke erhalten können“, sagte er. „Insofern erwarten die Kommunen von Eltern auch eine gewisse Flexibilität.“ Landsberg regte außerdem an, die Wirtschaft stärker in die Pflicht zu nehmen. Kleinere Unternehmen könnten sich zum Beispiel zusammentun, um gemeinsam Tagesmütter oder Erzieherinnen anzustellen.

Pragmatische Lösungen gefordert

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Christian Ude (SPD), hat Bund und Länder aufgefordert, die Kommunen beim Ausbau der Kita-Plätze stärker zu unterstützen. Wegen der von den Kommunen befürchteten Klagewelle auf Schadensersatz bei fehlenden Kita-Plätzen müsse der Gesetzgeber ganz schnell pragmatische Lösungen anbieten, sagte Ude im ARD-„Morgenmagazin“. „Die Länder müssen sich auch beteiligen“, falls sie nicht genügend Erzieherinnen ausgebildet hätten, sagte Ude.

„In vielen Städten ist es einfach nicht zu schaffen“, sagte Ude zum ab 1. August 2013 geltenden Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem ersten Lebensjahr. Der Grund dafür sei von Kommunen zu Kommune verschieden.

„Der Bund ging davon aus, dass 35, später 39 Prozent eines Jahrgangs eine Kita brauchen.“ Im Bundesgebiet seien die Verhältnisse aber vollkommen unterschiedlich. „Das pendelt zwischen 15 und über 60 Prozent“, sagte Ude. Selbst eine fertig gebaute Kita sei noch kein Angebot, weil Personal immer knapper werde.

Die Kommunen hätten den Ausbau von Kita-Plätzen schon vorangetrieben, als er in den Länderparlamenten noch für „Teufelszeug“ gehalten worden sei. Ude: „Von 2006 bis 2011 wurde die Zahl tatsächlich verdoppelt, aber der Bedarf steigt noch schneller.“ In strukturschwachen Städten sei es Geldnot, die einen schnelleren Ausbau verhindere. „Die Bundesländer haben sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert bei der Weitergabe der Fördermittel“, sagte Ude.

Die Uneinigkeit zwischen Bund und Ländern ist für Ude ein weiterer Hemmschuh. „Da streitet der Bund mit den Ländern zum Teil wie die Kesselflicker.“ Aus den Kommunen gelte der Appell, dass nicht über monatliche Berichtspflichten und „ähnlichen Unsinn“ gestritten werden solle.

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