Kosten für AKW in Finnland verdreifacht: Das Milliardengrab

Der AKW-Neubau in Olkiluoto wird für Areva und Siemens zum Desaster. Ein Festpreis war zugesagt. Für die Verspätung soll Entschädigung gezahlt werden.

Ein offizieller Eröffnungstermin wird nicht mehr genannt: AKW-Neubau in Olkiluoto. Bild: reuters

STOCKHOLM taz | Auf 8,5 Milliarden Euro werden sich die Kosten des in Bau befindlichen finnischen Atomkraftwerkes Olkiluoto 3 belaufen – fast dreimal so viel wie ursprünglich geplant. Das erklärte Luc Oursel, Präsident des französischen Nuklearkonzerns Areva, Ende vergangener Woche dem Wirtschaftsnachrichtendienst Dow Jones.

Bei der Schätzung dürfte es sich eher um eine Mindestsumme handeln. Wegen eines schon anhängigen Rechtsstreits könnten es auch über 10 Milliarden Euro werden. Dass der Bau ein milliardenschweres Verlustgeschäft für den Konzern wird, steht aber jedenfalls fest.

Das französisch-deutsche Konsortium aus Areva und Siemens hatte nämlich 2003 mit dem finnischen Auftraggeber, dem Energiekonzern TVO, einen Festpreisvertrag geschlossen: Lieferung eines schlüsselfertigen Atomreaktors zum Preis von 3 Milliarden Euro.

Alle Mehrkosten gehen deshalb zulasten von Areva und Siemens. Und die könnten die von Oursel jetzt genannten 5,5 Milliarden Euro noch weit übersteigen. Statt 2009 in Betrieb zu gehen, wie vertraglich vereinbart, wird nach wie vor gebaut. Ein offizieller Fertigstellungstermin wird mittlerweile gar nicht mehr genannt, doch rechnet man bei TVO derzeit mit dem Jahr 2015. Und der Energiekonzern will von Areva und Siemens darüber hinaus auch die Kosten erstattet haben, die ihm entstanden sind, weil man jahrelang Strom aus anderen Quellen beziehen musste.

8 statt 3 Milliarden

TVO hat deshalb das Konsortium vor einem internationalen Schiedsgericht in Paris auf eine Summe von zunächst 1,8 Milliarden Euro Schadenersatz verklagt und sich eine weitere Aufstockung vorbehalten. Areva und Siemens konterten zwar mit einer Gegenklage, in der sie behaupten, Teile der Mehrkosten seien nicht von ihnen, sondern von zusätzlichen Sicherheitsanforderungen finnischer Behörden verursacht worden.

Ob sie damit durchkommen, ist allerdings zweifelhaft: Auch beim baugleichen Reaktor, den Areva derzeit in Flamanville in der Normandie baut, hat sich die Fertigstellung um Jahre verzögert und sind die Kosten von 3 auf 8 Milliarden Euro gestiegen – ohne finnische Behörden. Entschieden wird der Rechtsstreit vom Schiedsgericht erst nach Fertigstellung von Olkiluoto 3.

Die nun amtlichen Kostenüberschreitungen könnten auch das endgültige Aus für das noch in der Planung befindliche Neubauprojekt eines AKW bei Pyhäjoki an der nordwestfinnischen Ostseeküste besiegeln. Das dortige Baukonsortium hat bislang keinen Ersatz für den ausgestiegenen Hauptinvestor, den deutschen Stromkonzern Eon gefunden.

Die ursprüngliche Absicht, dort ebenfalls einen europäischen Druckwasserreaktor von Areva errichten zu lassen, hat man mittlerweile aufgegeben. Laut Medieninformationen prüft man derzeit die Realisierbarkeit kleinerer und billigerer AKW-Modelle aus japanischer oder russischer Produktion. Dafür wäre aber eine neue Genehmigung seitens Regierung und Parlament erforderlich.

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