Bombenfund in Bonn: Ein Bärtiger und viele Fragen

Das BKA veröffentlicht neue Videos des mutmaßlichen Bombenlegers vom Bonner Bahnhof. Die Hintergründe der Tat sind unklarer denn je.

Polizisten untersuchen am 10. Dezember die Reste der mit einem Wassergewehr entschärften blauen Bombentasche. Bild: dapd

BERLIN taz | Mehr als sechs Wochen ist es her, dass eine am Bonner Bahnhof gefundene Bombe die Bundesrepublik aufschreckte – doch bis heute wissen die Ermittler nicht, wer sie dort stehen ließ. Ein Islamist? Ein Rechtsextremer? Ein Psychopath?

Am Mittwoch hat die Bahn nun 50.000 Euro Belohnung ausgelobt, für Hinweise, die zur Aufklärung des gescheiterten Anschlags führen. Gleichzeitig hat das Bundeskriminalamt (BKA) nun zwei weitere Videosequenzen veröffentlicht. Sie zeigen den Hauptverdächtigen auf einer Zwischenebene des Bonner Bahnhofs, in der Hand höchstwahrscheinlich die blaue Tasche mit der Bombe.

Es ist derselbe rund 1,70-Meter große, hellhäutige Mann mit Mütze und Bart, der auch auf den bereits im Dezember veröffentlichten Videobildern vom Tattag in einem McDonald‘s am Bahnhof zu sehen war – wenige Minuten später entdeckten zwei Jugendliche die verdächtige Tasche am Gleis 1, darin ein mit Sprengstoff gefülltes Metallrohr.

Doch trotz einer Reihe von Hinweisen aus der Bevölkerung kamen die Ermittler in den vergangenen Wochen nicht weiter. Ob das mit den neuen Videos gelingt ist fraglich, denn die Qualität ist noch mäßiger als die der McDonald‘s-Aufnahmen.

Verdacht nicht erhärtet

Unmittelbar nach dem Bombenfund hatten die Ermittler zunächst eine andere Person ins Visier genommen, da die jugendlichen Zeugen einen Schwarzen beschrieben hatten, der ihnen die Tasche quasi vor die Füße geschoben habe und dann weggerannt sei.

Als ihnen die Polizei Fotos von „Gefährdern“ vorlegte, erkannte einer der Schüler zunächst zu 90 Prozent einen Deutschsomalier aus der Bonner Islamistenszene, war sich später aber nur noch zu 50 Prozent sicher. Nach wenigen Stunden in Gewahrsam musste die Kölner Polizei den Mann wieder laufen lassen.

Auch nach der Übernahme des Falls durch das BKA und die Bundesanwaltschaft Mitte Dezember hat sich der Verdacht gegen den Deutschsomalier nicht erhärtet, im Gegenteil. Nach Angaben seines Anwalts Mutlu Günal war der 28-Jährige zur Tatzeit auf Arbeit in einem Callshop. „Mein Mandant ist unschuldig“, sagt Günal. Bereits in der vergangenen Woche habe er das bei ihm beschlagnahmte Geld sowie weitere Gegenstände zurückbekommen, so der Verteidiger.

Wer der Schwarze am Bahngleis war und ob er überhaupt was mit der Tat zu tun hat oder einfach nur ein Zeuge war – all das ist also weiter unklar.

Und auch die Details zu der in der Tasche gefundenen Bombe stellen sich inzwischen etwas anders dar. Zunächst hatten Kriminaltechniker vermutet, der Sprengsatz sei bereits gezündet worden, aber durch glückliche Umstände nicht explodiert. Inzwischen gehen die Experten aber davon aus: So wie die Bombe konstruiert war, war sie nicht zündfähig. Ein entscheidendes Teil fehlte.

Von Neonazis bis zu Bahnhassern

BKA und Bundesanwaltschaft sehen immer noch einen möglichen Hintergrund im islamistischen Spektrum, gleichwohl seien auch „andere Motivlagen und Phänomenbereiche“ möglich, wie es in einer Mitteilung von Mittwoch heißt.

Längst befasst sich neben dem für Islamismus zuständigen Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum in Berlin-Treptow auch das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus in Köln und Meckenheim mit dem Fall. „Es kann ein Neonazi, ein Islamist oder ein Bahnhasser sein“, sagt ein Sicherheitsbeamter. „Das Spektrum der Wahnsinnigen ist groß.“

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