STALKING-OPFER: Hilfe nicht nur für Täter

Die Beratungsstelle Stop-Stalking will künftig auch ein Angebot für Opfer machen – und in einer „integrierten Beratung“ vermitteln. Doch noch fehlt das Geld.

Der Beratungsstelle geht es nicht um Bestrafung, sondern darum, dass die ständigen Anrufe aufhören. Bild: Imago Viennaslide

Die Beratungsstelle Stop-Stalking will ihr Beratungsangebot ausweiten. Seit ihrer Gründung 2008 hilft sie Tätern, mit dem Stalken aufzuhören und sich neu zu orientieren. Im nächsten Jahr soll die Beratung der Opfer hinzukommen. „Wenn wir beide Seiten kennen, können wir sowohl Tätern als auch Opfern effektiv helfen“, sagte der Leiter der Einrichtung, Wolf Ortiz-Müller, am Mittwoch bei der Jubiläumsveranstaltung zum fünfjährigen Bestehen. Weil der private Sponsor abgesprungen war, gibt es seit eineinhalb Jahren keine spezielle Beratungsstelle für Stalkingopfer mehr.

SMS-Attacken, nächtliche Anrufe, Nachstellungen, aber auch ständige unerwünschte Blumengrüße: Als Stalking gilt das böswillige und wiederholte Verfolgen und Belästigen eines Menschen, dessen Sicherheit dadurch bedroht ist.

Jedes zweite Verfahren eingestellt

In Berlin wurden 2012 laut Kriminalstatistik rund 2.056 Fälle von Stalking angezeigt. Dabei wurde gegen etwa 1.500 Beschuldigte ermittelt. 50 bis 70 Prozent der Stalking-Verfahren werden laut Beratungsstelle eingestellt. Seit 2007 schützt des Nachstellungsgesetz Menschen davor, dass andere sie beharrlich verfolgen und schwerwiegend belästigen.

Die Täterhilfe von Stop-Stalking komme auch den Opfern zugute, so Ortiz-Müller. „Wenn der Täter mit der hartnäckigen Verfolgung aufhört, ist auch den Opfern schon geholfen. Denen geht es meist nicht um eine Bestrafung, sondern nur darum, dass die beharrliche Verfolgung aufhört.“ Stalking sei keine psychische Erkrankung, sondern eine Straftat, die mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann.

Die Arbeit von Stop-Stalking nehme immer größere Ausmaße an, so Ortiz-Müller. Zu Beginn 2009 seien es 430 Beratungsgespräche gewesen, im letzten Jahr 760. „Wir hatten zu 110 Stalkern zwischen ein- und dreißigmal Kontakt.“ Mehr als die Hälfte der Täter meldete sich aus eigenem Antrieb.

Andere reagierten auf polizeiliche Ermittlungsverfahren oder auf Weisung der Amtsanwaltschaft. Die Täter sind zu drei Vierteln Männer. Das Alter reicht von 17 bis 68 Jahren. „Oft haben sie einen hohen Bildungsstand“, berichtet Mitarbeiter Jochen Gladow.

Berater sollen vermitteln

Stop-Stalking hat für die neue Aufgabe ein Kurskonzept „integrierte Täter-Opfer-Beratung“ erstellt. Es beruht auf dem Täter-Opfer-Ausgleich, bei dem die Beteiligten versuchen, einen Konflikt außergerichtlich beizulegen. Bei der „integrierten Beratung“ vermitteln Berater zwischen beiden Seiten, doch es kommt nicht zu einer persönlichen Begegnung. „Das würde ja genau dem Ziel des Stalkers entsprechen, den Kontakt zum Opfer wiederherzustellen – was wiederum dem Schutzbedürfnis des Opfers diametral entgegenstünde“, erklärt Ortiz-Müller.

Laut dem Leiter bekommt Stop-Stalking pro Jahr 50.000 Euro von der Senatsgesundheitsverwaltung. Damit würden eine halbe Beratungsstelle, Honorare für 4 Mitarbeiter, die Verwaltung sowie die Miete für die Räumlichkeiten bezahlt. Für die neue Opferberatung müsse Geld von der Justizsenatsverwaltung kommen, fordert Ortiz-Müller.

Von dort gibt es grundsätzlich Unterstützung: „Wenn die Realitäten von Tätern und Opfern weit auseinandergehen, können das die Berater objektiv beurteilen. Dann ist ein zielgerichtetes Eingreifen möglich“, erklärt die Sprecherin der Senatsverwaltung für Justiz, Lisa Jani, auf Anfrage der taz. Konkrete Summen nennt sie aber nicht.

Die Haushaltsplanungen seien noch nicht abgeschlossen. Aber: „Es ist eine finanzielle Unterstützung des Programms gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales beabsichtigt.“

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