Chemiewaffen in Syrien: Israel spricht von Einsatz

Auf einer Konferenz in Tel Aviv sehen Experten Beweise für die Verwendung des Nervengases Sarin durch die Regierung in Damaskus.

Diese Tiere in einem Dorf bei Aleppo sollen bei einem Chemieangriff der Regierungstruppen getötet worden sein. Bild: Reuters

TEL AVIV taz | Israels Abwehrdienst geht davon aus, dass die syrische Regierung wiederholt Giftgas gegen die Rebellen eingesetzt hat. Brigadegeneral Itai Brun, Chef der Forschungsabteilung beim militärischen Nachrichtendienst (Aman), stützt seine Erkenntnis auf die Fotos von Opfern, „die vergrößerte Pupillen“ und „Schaum vor dem Mund“ zeigten, was Indiz für Sarin sei.

Die Lage in Syrien, der stockende Friedensprozess mit den Palästinensern und das iranische Atomprogramm standen im Zentrum einer Sicherheitskonferenz am Dienstag in Tel Aviv. Nach Schätzung des Abwehrexperten Brun verfügt Syrien über 1.000 Tonnen C-Waffen, darunter Sarin und VX. Israels Sorge gilt der Möglichkeit, dass das Giftgas in die falschen Hände gerät.

Verteidigungsminister Mosche Jaalon umriss Anfang der Woche die drei rote Linien – „der Transfer moderner Waffen an Schurkenstaaten, die Verletzung von Israels Souveränität entlang der Grenze sowie chemische Waffen in den Händen der Rebellen“. Israel sei bereit zu einem Einsatz, meinte Jaalon.

US-Regierung reagiert zurückhaltend

In einer Reaktion auf die Äußerungen Bruns sagte der Sprecher der US-Regierung, Jay Carney, es werde genau ermittelt und untersucht, ob das syrische Regime C-Waffen eingesetzt habe. Man sei aber „noch nicht zu dem Schluss gekommen, dass dies bereits der Fall war“.

Mit Blick auf den Iran rechnet Amos Jadlin, Chef des Tel Aviver Institute for National Security Studies (INSS), das die Konferenz veranstaltete, noch in diesem Jahr, „spätestens im ersten Halbjahr 2014“, mit einem Angriff. Die drei zentralen „Spieler“, wie er es nennt, Iran, Israel und die USA, meinten es ernst. „Wenn keiner der drei blufft, ist eine Konfrontation nicht zu umgehen.“

Israel sei militärisch in der Lage, allein anzugreifen. Es ginge dabei nicht um Krieg. Nötig sei lediglich eine „chirurgische Operation“, die nicht länger dauern müsse als „ein, zwei oder drei Nächte“. Jadlin war einer der Piloten, die 1981 den Angriff auf den irakischen Atomreaktor Osirak flogen.

Iran angeblich nicht mehr weit von Atombombe entfernt

Erst am Montag versicherte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel, dass die militärische Zusammenarbeit zwischen den USA und Israel „enger denn je“ sei. Hagel bestätigte Berichte über einen Rüstungsgeschäft im Umfang von 10 Milliarden US-Dollar, darunter Raketen für Kampfjets, moderne Radarsysteme und Truppentransporter des Typs V-22 Osprey. Einem Bericht der dpa zufolge ist es das erste Mal, dass die USA diese Maschine, die halb Flugzeug, halb Hubschrauber ist, exportierten.

Nach optimistischen Schätzungen, so Jadlin, sei Iran sechs Monate von der Bombe entfernt, Pessimisten sprechen von „nur einem Monat“, sobald das Regime in Teheran die Entscheidung dafür trifft. Bis zu den iranischen Präsidentschaftswahlen, die für Mitte Juni geplant sind, werde es keinen Präventivschlag geben. „Uns bleiben noch zwei Monate, um ruhig zu schlafen“, meinte er. Nach den Wahlen „werden die Iraner eine schwere Entscheidung treffen müssen“.

Die Chancen, dass die internationalen diplomatischen Anstrengungen und die Sanktionen doch noch Früchte tragen, hielten die Konferenzteilnehmer übereinstimmend für minimal. „Es gibt kein gemeinsames Interesse“, resümierte Emily Landau vom INSS. „Iran will die Atombombe, und die internationale Gemeinschaft will genau das verhindern.“ Die Expertin für Rüstungskontrolle wirft den USA vor, von einem „offenen Fenster für den Dialog“ zu reden, ohne festzulegen, wann sich dieses Fenster schließen würde. Die bisherigen Verhandlungen hätten kein anderes Ergebnis gebracht, als dem „Iran Zeit zu verschaffen, um das Atomprogramm weiter voranzutreiben“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.