Kommentar Grüne in Österreich: Die korruptionsfreie Kraft

Österreichs Grüne werden auf Länderebene postiv gesehen. Statt verunglimpft zu werden, sind sie dort als Koalitionspartner umworben.

Die Grünen sind momentan der Wunschpartner der ehemaligen Großparteien ÖVP und SPÖ. Wenn die neue Regierung in Tirol Ende des Monats vereidigt wird, werden sie bereits in vier Bundesländern mitregieren. In Oberösterreich funktioniert Schwarz-Grün seit bald zehn Jahren, in Wien hat Rot-Grün seit 2010 eine gemischte Bilanz, und in Kärnten versucht der erste Dreier (Rot-Schwarz-Grün), die Scherben von 14 Jahren freiheitlicher Korruption aufzuräumen. Auch in Salzburg wird jetzt zwischen ÖVP und Grünen verhandelt.

Anders als die Bundespartei, die seit Jahren nicht vom Fleck kommt und sich bestenfalls über mikroskopische Zuwächse freuen kann, werden die Grünen in den Ländern zunehmend als erfrischende und korruptionsfreie Kraft wahrgenommen.

Die in den letzten Jahren aufgearbeiteten Skandale haben das Wahlvolk für die Laster der Parteien, die das Land seit 1945 in unterschiedlicher Zusammensetzung regieren, sensibilisiert. Und anders als in Wien, wo linke und feministische Strömungen die Grünen dominieren, gibt es in der Provinz vornehmlich Realos.

Viele Grüne kommen aus einem bürgerlichen Elternhaus und werden daher auch von der ÖVP nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen. Die Zeiten, als die Mitglieder der Ökopartei von den Konservativen als Haschisch rauchende Spinner verunglimpft wurden, sind vorbei.

Gleichzeitig stagniert oder verliert die rechte FPÖ, die traditionell die Proteststimmen einsammelte. Viele Wähler, die ein Erstarken der FPÖ verhindern wollten, votierten bisher oft für das kleinere Übel. Eine Stimme für die Grünen galt als verschenkt, da sie keine Alternative für die Regierungsbildung darstellten. Je mehr sie jetzt als Koalitionspartner umworben werden, desto realistischer wird nun auch eine grüne Beteiligung im Bund.

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*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.

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