Kommentar Basisdemokratie: Ringelpiez mit der Basis

Die Grünen halten sich für die Mitmach-Partei schlechthin. Dabei soll die Basis nur entscheiden, was Spitzengrüne ohnehin für richtig halten.

Grüne Führungsriege: Die Richtung stimmt. Bild: dpa

Basisdemokratie ist eine tolle Sache. Allerdings muss es bei der Entscheidung wirklich um etwas gehen. Nur dann fühlt sich der Bürger ernst genommen, nur dann belebt sie den politischen Diskurs. Und damit wären die Probleme des Mitgliederentscheids der Grünen schon ziemlich gut umrissen.

Sie halten sich ja für die Mitmach-Partei schlechthin, und deshalb hat sich die Parteispitze für ihre Mitglieder etwas Besonderes ausgedacht. Sie sollen neun Schlüsselprojekte aussuchen, die die Grünen in einer Regierung mit der SPD als Erstes umsetzen wollen. Laubfrosch schützen oder Energiewende, Reform der Drogenpolitik oder Frauenquote, Hartz-IV-Satz hoch oder Vermögensabgabe, jeder darf für seine Lieblingsthemen voten. Die Grünen suchen ihre Superstars. Ganz toll? Ganz sicher nicht.

Das große Versprechen, die Basis bestimme die wichtigsten Regierungsprojekte, dürfte spätestens am Wahlabend nichts mehr wert sein. Mal angenommen, die Grünen-Mitglieder entdecken ihre rebellische Ader. Sie pfeifen auf die Energiewende oder die Finanzpolitik, diesen ganzen seriösen Mainstream-Kram. Stattdessen stimmen sie lieber für den Laubfrosch, eine neue Drogenpolitik und mehr Rechte für Asylbewerber.

Glaubt tatsächlich jemand, dass Jürgen Trittin mit Peer Steinbrück einen Joint durchzöge, um dann die Interessen des Laubfroschs bretthart zu verteidigen? So ein Quatsch. Natürlich würde der Finanzminister in spe Basisdemokratie Basisdemokratie sein lassen, sie also vergessen. Und stattdessen auf die ihm wichtigen Klassiker setzen.

So etwas wird nie passieren, entgegnen Spitzengrüne. „Unsere Basis ist vernünftig.“ Heißt übersetzt: Sie entscheidet das, was wir für vernünftig halten. Spätestens jetzt geht es aber nicht mehr um Basisdemokratie. Sondern um Ringelpiez mit der Basis.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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