Skinhead-Attacke in Frankreich: Antifaschist erschlagen
Ein 18-jähriger Student wird in Paris Opfer eines Angriffs von Skinheads, die einer rechtsradikalen Gruppe angehören sollen. Deren Chef bestreitet das aber.
PARIS taz | Frankreichs Rechtsextremisten haben Blut an den Händen. Am Mittwochabend wurde in der Nähe des Pariser Bahnhofs Saint-Lazard der 18-jährige Antifaschist Clément Méric auf der Straße von einer Gruppe Skinheads brutal attackiert. Er wurde durch mehre Hiebe mit einem Schlagring am Kopf schwer verletzt, beim Fallen stieß er gegen einen Metallpfosten. Im Krankenhaus konnte nur noch sein Hirntod festgestellt werden.
Bei den Tätern soll es sich um Mitglieder der rechtsradikalen Gruppe Jeunesse Nationaliste Révolutionnaire (JNR) handeln. Diese waren in den vergangenen Wochen namentlich neben anderen ultrareaktionären Extremisten mehrfach bei gewaltsamen Ausschreitungen am Rande der Demonstrationen gegen die Homo-Ehe in Erscheinung getreten.
Der aus Rennes stammende Méric war Student an der renommierten Pariser Schule für Politikwissenschaften (Sciences-Po), Mitglied einer linken Gewerkschaft und bekannt wegen seines Engagements als Antirassist. Seine Freunde und Kommilitonen versammelten sich am Donnerstagmittag zum Zeichen ihrer Betroffenheit und Empörung spontan vor der Hochschule zu einer Protest- und Gedenkversammlung. Für den Abend war eine große Kundgebung gegen die rechtsextreme Gewalt beim Platz Saint-Michel angekündigt.
Laut Freunden des Opfers war es in einer Privatwohnung, wo ein Kleiderverkauf organisiert worden war, zu einem verbalen Streit zwischen einer Gruppe um Méric und den offenbar nicht willkommenen Skinheads (vier Männer und eine Frau) gekommen. Laut Zeugen hätten diese draußen Verstärkung angefordert.
Draußen warten die Skinheads
Als der junge Méric das Haus an der Rue de Caumartin verließ, wurde er erwartet. Er wurde von drei kahlköpfigen Gegnern zusammengeschlagen, von denen mindestens einer mit einem Schlagring bewaffnet gewesen sein soll. Das könnte als Indiz für eine vorsätzliche Körperverletzung gewertet werden. Dass politische Motive vorliegen, wird kaum infrage gestellt.
Bevor die Schläger flüchteten, hätten die Skins noch andere Leute angegriffen, sagte im Fernsehen eine Augenzeugin. Ihre Aussage ist nicht der einzige Hinweis bei der Fahndung. Auf der belebten Geschäftsstraße neben mehreren Warenhäusern haben Videokameras die Aggression festgehalten. Vier Menschen wurden noch am Donnerstag festgenommen; darunter soll auch der mutmaßliche Täter sein.
Staatspräsident François Hollande und zahlreiche andere Politiker haben den Vorfall aufs Schärfste verurteilt. Der sozialistische Parteichef Harlem Désir hat alle anderen demokratischen Parteien aufgefordert, sich für das Verbot solcher gewalttätigen Randgruppen einzusetzen.
Ihre Partei habe mit solchen Extremisten nichts zu tun, erklärte sofort Marine Le Pen vom Front National. Sie bemüht sich aus Imagegründen, Neonazis und Skinheads auf Distanz zu halten. Am 1. Mai 1995 war bei einem FN-Marsch ein Marokkaner von Demonstranten in die Seine geworfen worden, wo er ertrank.
JNR-Chef Serge Ayoub hat behauptet, seine Organisation sei für Mérics Tod nicht verantwortlich. Für die Linkspartei (Parti de Gauche) steht dagegen eines fest: „Der faschistische Horror hat mitten in Paris gemordet.“
Leser*innenkommentare
Sabine
Gast
"Antifaschist erschlagen" - Ist der Student als Antifaschist nun schlimmer tot als wenn es nur der Student gewesen wäre?
Herr Schmidt
Gast
"Rechtsradikal" gibt es nicht, da ein rechter politischer Ansatz per definitionem kein radikaler sein kann. Extram oder fanatisch rechts, das geht durchaus. In diesem Fall wäre die Vokabel "faschistisch" aber wohl am treffendsten, um die Mörder politisch zu charakterisieren.
Sir Spamalot
Gast
Skinheads können per se schon nicht rechtsradikal sein. Und das von euch *kopfschüttel* Sicherlich tragisch, aber ich dachte das Thema Skinheads=rechtsradikale Schläger wäre durch. So kann man sich irren.
Btw. http://du-sollst-skinheads-nicht-mit-nazis-verwechseln.de
aujau
Gast
@Mehmet: Sind Ihnen Namen wie Cornelia Wissmann, Silvio Meyer oder Guenther Sare ein Begriff? Es gibt auch noch andere Beispiele.
Mehmet
Gast
Nur gut, dass sowas in Deutschland nie passieren kann.
Die NSU hat niemals Studenten erschossen.
Antifunt
Gast
Während es tragisch ist, dass ein junger Mensch so getreten wurde, dass er stürzte und starb, sollte man nicht vergessen, dass die Täter einen verschwindend geringer Anteil ihres Sozialmilieus darstellen, und die Tat wohl kaum in direktem Zusammenhang mit der Weltsicht ebenjenes Milieus steht.
So oder so ähnlich könnte man sich äussern, wenn man ein zynisches Arschloch wäre.
Gruß an den Zensor, ist Zynismus heute in den Kommentaren erlaubt?
tommy
Gast
Und wieso bitteschön ist diese Gewalttat, die ja noch nicht einmal in Deutschland stattgefunden hat, "schlimmer" oder berichtenswerter als z.B. Vorfälle wie der Tod von Daniel S. in Kirchweyah, welche die taz und andere Medien weitgehend ignorieren?
Bei Eurer Doppelmoral könnte ich kotzen.
DOB
Gast
@tommy Recherchieren Sie bitte, bevor Sie sich über sogenannte "Doppelmoral" auskotzen - über den Fall wurde sehr wohl in allen größeren Medien (einschließlich taz) berichtet, vielleicht ja nur nicht so, wie sie das gerne gelesen hätten...