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Kommentar Gauck in FrankreichDer gute Deutsche

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

In Oradour ist die deutsch-französische Freundschaft wiederbelebt worden. Hollande und Gauck haben dazu auf die Kraft der Dialektik der Geschichte gesetzt.

Gauck, Hollande (l) und der Überlebende und Zeitzeuge von Oradour-sur-Glane Robert Hebras (r). Bild: dpa

D er „gute Deutsche“ hat in Frankreich jetzt einen Namen. Die Französinnen und Franzosen kannten ihn bisher nicht mal vom Hören her, jetzt heißt er Joachim Gauck. Damit ist der dreitägige Staatsbesuch des deutschen Bundespräsidenten als Goodwill-Tour durch Frankreich wohl bereits ein voller Erfolg.

Gauck hat in Oradour-sur-Glane die Worte gefunden, die die Opfer der NS-Verbrechen sich erhofft haben dürften. Er sprach vom Entsetzen und einem kollektiven Gefühl der Schuld vor der Geschichte, betonte aber auch, dass die Deutschen der Gegenwart nicht für die Vergangenheit belangt werden sollen. Er verkörpert laut Gastgeber François Hollande „das heutige Deutschland, das der Nazi-Barbarei von gestern ins Gesicht schauen kann“.

Mit einem solchen Freibrief der erfolgreichen Vergangenheitsbewältigung war es für Gauck ein Leichtes, die Rolle des „nice guy“ zu übernehmen. Nicht nur in der delikaten Konfrontation mit der deutschen Besatzung in Frankreich, sondern auch in der Tagespolitik.

Im Unterschied zu Merkel, die in Frankreich regelmäßig als politisches Ärgernis betrachtet wird, hatte Gauck allein schon aufgrund seiner beschränkten politischen Zuständigkeiten kaum eine Gelegenheit, der französischen Politik in die Quere zu kommen oder das (manchmal etwas übertriebene) Selbstbewusstsein der Franzosen durch besserwisserische Kritik an deren Haushaltspolitik zu schmälern. Das hinderte Gauck nicht, mit der nötigen Diskretion freundschaftliche Ratschläge zu erteilen. Auch in dieser Hinsicht entpuppte sich der unbekannte Gast als „anderer Deutscher“.

Das darf aber nicht die Hauptsache verdecken: In der Gedenkstätte Oradour-sur-Glane ist die deutsch-französische Freundschaft nach etlichen Rückschlägen wegen Meinungsverschiedenheiten in der Krisenpolitik gestärkt und wiederbelebt worden. Hollande und Gauck haben dazu auf die Kraft der Dialektik der Geschichte gesetzt. Im Gedenken der Gräuel, die diese beiden Nationen auf Dauer unversöhnlich trennen müssten, haben sie die Chance zu einer Einstimmigkeit in der richtigen Tonlage gefunden, über die nur verbitterte Zyniker spotten können.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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6 Kommentare

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  • S
    Sabine

    Mir gefällt die Art nicht, in der Bundespräsident Gauck in diesem Bericht als "guter Deutscher" bezeichnet wird. Können die taz-Mitarbeiter nicht ein einziges Mal ihre Bedenkenträgerei und Ironie beiseite lassen?

    Herr Gauck wurde als erster Deutscher in seiner Eigenschaft als Bundespräsident eingeladen, diesen Ort des Schreckens zu besuchen. Und er hat seine Sache, seine Antwort darauf mit großer Sensibilität ser gut gemacht. Das Beste ist seine authentische Art. Kein Platz für aufgesetztes Verhalten, keine Maske, kein Small Talk. Abgesehen von Herrn Gauck wäre wohl nur noch Herr Rau in der reihe der Bundespräsidenten fahig dazu gewesen, adäquat auf die Einladung zu reagieren.

  • V
    Visor

    @Wozu?

    Ja, im Grunde ist auch Merkel als Kanzlerin zu teuer, die Diäten der ganzen Abgeordneten sind sowieso viel zu hoch und der Föderalismus geht auch nur auf Kosten des Steuerzahlers...

    Alles auflösen und zentralisieren.

     

    Wer glaubt, dass Frankreich wegen ein paar vorherigen Staatsbesuchen die Gräueltaten der letzten 150 Jahre vergessen hat, täuscht sich. Und es ist sicher sinnvoll solche Besuche auch noch die nächsten 50 Jahre fortzusetzen.

  • Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema.

  • W
    wozu ?

    Wozu braucht ein Land ausser einer Kanzlerin noch diesen Mann, der nicht nur ein irres Gehalt einschiebt sondern auch noch irre Geld kostet für all die Empfänge und Reisen.

  • JM
    Ja mei
  • BZ
    Böser Zyniker

    Wieviele Aussöhnungen zwischen Deutschland und Frankreich, den ehemaligen Erbfeinden gab es?

    http://www.planet-wissen.de/laender_leute/frankreich/elsass/wissensfrage_aussoehnung.jsp

    Unzählige Male, über Jahrzehnte, hört man davon, jetzt seien die deutsch-französischen Beziehungen repariert. Gut, na klar. Es ist ja auch wichtig. Wir wollen ja nicht in diese Epoche zurückfallen:

    http://www.laguerrede1870enimages.fr/

    http://www.dhm.de/lemo/html/kaiserreich/aussenpolitik/krieg1870/index.html

    Übrigens: hier mal angemerkt für den stolzen Berliner und auch Preußenfan: die Hohenzollernfamilie kommt ursprünglich aus Schwaben wo heute noch dessen Stammburg betrieben wird (läuft in Berlin das Schwaben-Bashing)...

    Wie auch immer: Mit Jacques Chirac und Schröder war das dann eine ganz andere Sache. Man verknüpfte die Freundschaft auch mit einem Zusammenstehen gegen den US Imperialismus (ja, es ist Imperialismus):

    http://www.stern.de/politik/ausland/irak-krise-deutschland-und-frankreich-wollen-irak-krieg-verhindern-503021.html

    Ich kann mich auch noch an die Pläne einer Achse Paris-Berlin-Moskau erinnern. Und die selben Medien, die, seit Merkel Russland-Cold-War-Bashing betreiben, versuchten seinerzeit uns mit netten Bildchen Schröder+ Frau + Putin+Frau zu versorgen und das Russlandbild aufzubügeln. Nun ist also Hr. Gauck dran, die deutsch-französischen Beziehungen zu reparieren - weil die sind ja so kaputt...Ja gut, mit Sakozy änderte sich der Kurs mehr in Richtung Imperialisten. Jetzt war das Verhältnis US-Deutschland und US-F durch die Iraksache gestört. Soll vielleicht eher diese neue Ausrichtung in Bezug zu den Ereignissen im Mittleren Osten gebügelt werden?