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Zwangsarbeit für Fußball-WMMord wegen Sport

44 nepalesische Gastarbeiter sind bereits auf den katarischen WM-Baustellen wegen Herzversagens oder Arbeitsunfällen gestorben. Die FIFA zeigt sich „besorgt“.

Wo sind Gastarbeiter auf dieser Baustelle? Vielleicht sind sie bereits tot. Bild: reuters

BERLIN dpa | Zahlreiche Todesfälle, Zwangsarbeit und menschenunwürdige Bedingungen: Der Bau der Stadien, Hotels und der Infrastruktur für die Fußball-WM 2022 in Katar fordert nach Recherchen der englischen Tageszeitung Guardian einen sehr hohen Preis.

Wie das Blatt berichtet, sind zwischen dem 4. Juni und dem 8. August insgesamt 44 nepalesische Gastarbeiter auf den WM-Baustellen wegen Herzversagens oder Arbeitsunfällen im Zuge der katastrophalen Bedingungen gestorben.

Der Weltfußball-Verband FIFA zeigte sich über die Berichte „besorgt“ und kündigte an, die Verantwortlichen aus dem Wüstenstaat zu kontaktieren. „Diese Berichte werden beim Treffen des Exekutivkomitees am 3./4. Oktober diskutiert“, teilte die FIFA auf Twitter mit.

Der Guardian-Bericht ist in der Tat höchst alarmierend. Demnach hat der Internationale Gewerkschaftsbund ITUC ausgerechnet, dass mindestens 4.000 Gastarbeiter ihr Leben gelassen haben werden, ehe das erste WM-Spiel angepfiffen wird. Die vielen Todesfälle gehen vor allem auf die katastrophalen Bedingungen zurück.

Zwangsarbeit bei Temperaturen von 50 Grad, die Verweigerung von Trinkwasser und die unhygienischen Bedingungen in den überfüllten Unterkünften seien der Grund. Außerdem hätten die Gastarbeiter, deren Pässe eingezogen worden seien, keinen Lohn erhalten.

Verschwörung zwischen der FIFA und den katarischen Verantwortlichen?

ITUC-Generalsekretärin Sharan Burrow erhob schwere Vorwürfe gegen die FIFA. Anstatt die Not der asiatischen Migranten zu lindern, gebe es eine „Verschwörung“ zwischen der FIFA und den katarischen Verantwortlichen. „Wenn es die FIFA wirklich ernst meint, würde sie mit ihrer Macht für menschenwürdige Arbeitsverhältnisse sorgen oder den Gastgebern die WM entziehen“, sagte Burrow der Nachrichtenagentur AP. Die FIFA habe in einer Sitzung im November 2011 versprochen, sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. „Sie hat versagt“, urteilte Burrow.

Rund 30 nepalesische Gastarbeiter waren jüngst in die Botschaft ihres Heimatlandes geflüchtet und hatten von den Zuständen auf den WM-Baustellen berichtet. Dabei handelt es sich offenbar nicht um Einzelfälle. Die indische Botschaft in Katar vermeldet 82 getötete indische Gastarbeiter in den ersten fünf Monaten dieses Jahres und 1460 Beschwerden über unwürdige Arbeitsbedingungen.

Mit rund einer halben Million Gastarbeiter aus Nepal, Sri Lanka oder Indien wird für den Bau der Stadien, Hotels oder der Infrastruktur gerechnet. Die Kosten für das WM-Projekt sollen sich auf schätzungsweise 73 Milliarden Pfund belaufen.

Es sind dabei nicht die ersten Negativschlagzeilen rund um das umstrittene WM-Turnier im Wüstenstaat. Derzeit untersucht die FIFA-Ethikkommission unter Vorsitz von Chefermittler Michael Garcia die Korruptionsvorwürfe rund um die WM-Vergabe an das Land.

Streit gibt es auch um den Termin der Veranstaltung. Die WM soll aufgrund der hohen Temperaturen im Sommer nun in die Wintermonate verlegt werden, was insbesondere auf starken Widerstand in England stößt.

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4 Kommentare

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  • G
    Gast

    Hier bin ich mal mit der TAZ. Was in Katar gemacht wird ist Menschenschinderei und übelste Grausamkeit. Die Fussballwelt sollte sich schämen, wenn die WM dort stattfindet. Ich werde mir die WM dort nicht ansehen. Leider ist das Thema Personalausweis wegnehmen. Löhne nicht zahlen und Ausbeutung in arabischen Ländern nicht unüblich, wie ich aus eigener Anschauung weiß. Zuerst Araber, dann mit Abstand Europäer und Amerikaner, dann lange nichts und irgendwann ganz unten Asiaten und Afrikaner. Das ist wirklicher Rassismus im Gegensatz zu dem, was in Deutschland oft als solcher bezeichnet wird.

  • T
    Thorsten

    Die Golfstaaten sind dafür bekannt Gastarbeiter zu unmenschlichen Bedingungen auszubeuten und je nach Konjunktur auszuweisen. Die Internationale Arbeitsorganisation unternimmt nichts dagegen. Die Herkunftsländer halten sich mit Kritik zurück, weil die Rücküberweisungen zum Staatshaushalt beitragen. Die Gewerkschaften sind die Mitgliederbeiträge nicht wert, weil sie immer noch vorwiegend national sind. Was die Gastarbeiter wirklich brauchen ist eine globale Gewerkschaft wie bei den Matrosen. Bei den Handelsmarinen gibt es die Praxis unter der Flagge des Staates zu segeln mit den miserabelsten Arbeitsschutz im Gesetzbuch. Ganze Crews wechseln beim Einlaufen in einen Hafen über Nacht die Jurisdiktion. Die Gastarbeiter sollen von den Matrosen lernen. Von den Botschaften der Herkunftsländer haben sie wenig zu erwarten.

  • Korrupt bis ins Mark. Ich habe jahrelang Fußball übertragen. Menschen sind der FIFA doch völlig egal, solange sie kein Geld ins Säckel bringen.

  • G
    Gast

    Warum fragt die TAZ nicht mal beim DFB nach und berichtet über die Antwort? Die Herren Niersbach und Co sind Teil der korrupten und profitgierigen FIFA. Sie müssen ihren Einfluss geltend machen, gemeinsam mit anderen FIFA-Mitglieder.

     

    Außerdem wäre die Haltung des FC Bayern München, des FC Schalke 04 und anderen Vereinen interessant, die regelmäßig Trainingslager in Katar abhalten oder sich wie Herr Rummenigge mit 100.000-Euro-Uhren von Kataris beschenken lassen, die sie dann vergessen beim Zoll zu deklarieren.