Korruption in Tschechien: „Es gibt kein schmutziges Geld“

Bestechlichkeit kennt keine Parteigrenzen: Politikern der postkommunistischen Ära in Tschechien wird Veruntreuung von Staatsgeldern vorgeworfen.

„Wo hatte ich doch gleich die Millionen versteckt?“ Ex-Ministerpräsident Mirek Topolanek scheint ratlos. Bild: reuters

PRAG taz | Nicht die Wahlschlappe seiner Partei TOP 09 ist es, die den ehemaligen tschechischen Finanzminister Miroslav Kalousek besonders trifft. Sondern das kurze Gedächtnis der Wähler. „Es schockiert mich, dass es so vielen Leuten nichts ausmacht, dass ein ehemaliger Mitarbeiter der StB (tschechoslowakische Stasi, d. Red.) im Abgeordnetenhaus sitzen wird“, polterte Kalousek am Wahlabend.

Kalousek zielte damit auf den Wahlsieger Andrej Babis. Noch muss ein Gericht entscheiden, ob Babis unter dem Decknamen Bures mit der StB zusammengearbeitet hat. Die Akten, die im slowakischen StB-Archiv liegen, deuten aber sehr stark darauf hin.

Egal wie das Gericht entscheiden wird: Die Wahlen, die am vergangenen Freitag und Samstag in Tschechien stattgefunden haben, waren ein Protest gegen das, was nach Kommunisten und Staatssicherheit kam. Ein Protest gegen den Postkommunismus und seine korrupten Auswüchse. Denn die führten nicht nur zu einem Gefühl der Ohnmacht bei vielen Tschechen, sondern auch zu herben Kürzungen, die von fast jedem im Land verspürt werden und besonders ihren Vollstrecker Miroslav Kalousek Stimmen kosteten.

Das Debakel begann aber schon lange bevor er 2010 zum Finanzminister wurde. Man kann es zurückverfolgen bis in die frühen 1990er, als die Korruption ihren Anfang nahm. „Es gibt kein schmutziges Geld“ war damals das Motto von Vaclav Klaus, der erst als Finanz- und dann als Premierminister die wirtschaftliche Transformation des Landes verantwortete.

Allein durch die sogenannte Kupon-Privatisierung, in der die Bürger Anteile an Staatsfirmen kauften, um sich dann von findigen Betrügern abzocken zu lassen, verschwanden rund 1,5 Milliarden Euro des tschechischen Staatsvermögens in dunklen Kanälen.

20 Millionen Euro Schmiergelder

Die Hochzeit der Korruption begann mit der Ära des Mirek Topolanek, der die Wahlen mit der Bürgerpartei (ODS) gewann. Unter Topolanek erreichte die Korruption ungeahnte Ausmaße. Bis heute unübertroffen ist dabei die Causa Pandur. Während Verhandlungen um Lieferungen von Panzerfahrzeugen nach Tschechien verlangte Topolaneks Kumpel Marek Dalik Schmiergelder in Höhe von umgerechnet 20 Millionen Euro.

Die Korruption kennt keine Parteigrenzen. Momentan läuft ein Gerichtsprozess gegen den ehemaligen Hauptmann des Kreises Mittelböhmen, David Rath. Der einstige prominente Sozialdemokrat wurde auf frischer Tat ertappt, als er Bestechungsgelder in Höhe von einer Viertelmillion Euro in einem Weinkarton entgegennahm. Weitere Millionen fand die Polizei bei ihm zu Hause versteckt.

Andrej Babis, denken sich da viele Tschechen, mag vielleicht in grauer Vorzeit mit der Geheimpolizei zusammengearbeitet haben. Aber im Gegensatz zu Vertretern der etablierten Parteien gilt er ob seines Milliardenvermögens als unbestechlich. Und das ist alles, was viele Wähler heute von ihren Politikern verlangen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.