Streit über Vorratsdatenspeicherung: „Nicht hinter Europa verstecken“
Nach dem Gutachten des EuGH gibt es Äger in der Großen Koalition. Die SPD will die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nun nicht mehr umsetzen.
HAMBURG afp | Nach dem kritischen Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung ist in der Großen Koalition neuer Streit über dieses Thema entbrannt. „Das Gutachten des Generalanwalts ist ein klares Signal, dass wir die EU-Richtlinie nicht umsetzen sollten, bevor sie nicht grundlegend überarbeitet wurde“, sagte der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil dem Hamburger Nachrichtenmagazin Spiegel. Deshalb sei eine Umsetzung der bisherigen EU-Regeln nicht mehr sinnvoll.
Politiker der Union wollen hingegen daran festhalten, die noch geltende EU-Richtlinie noch umzusetzen. „Wir sollten uns nicht hinter Europa verstecken, sondern ein wichtiges Instrument der Verbrechensbekämpfung endlich umsetzen“, sagt der CDU-Abgeordnete Michael Kretschmer. „Dann erst könnten wir auf europäischer Ebene sinnvolle Vorschläge für eine Reform der Richtlinie machen.“
Der EuGH-Generalanwalt Pedro Cruz Villalón war in seinem Votum zur EU-Verordnung vor dem EuGH zu dem Ergebnis gekommen, dass die umstrittene Regelung von 2006 gegen die Grundrechte der Bürger auf Privatheit verstößt und reformiert werden muss. Der EuGH folgt in der Regel der Einschätzung seines Generalanwaltes. Es wird erwartet, dass er dies auch in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung tun wird.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland im Jahr 2010 gekippt, seither wird über eine Neuregelung beraten. Deutschland ist das einzige Land, das die Richtlinie noch nicht umgesetzt hat, auch weil die bisherige schwarz-gelbe Koalition sich darauf nicht einigen konnte. Die EU-Kommission hat die Bundesrepublik deshalb vor dem EuGH verklagt. Auch deshalb drängt die Union auf eine rasche Umsetzung.
Leser*innenkommentare
sarko
Gast
"Auch deshalb drängt die Union auf eine rasche Umsetzung." Hääh ? Haben die den Schuss nicht gehört ? Jetzt , wo die EU-Richtlinie wahrscheinlich selbst gekippt wird ? Da will die Union noch schnell etwas umsetzen , was sie mit der FDP nicht durchgekriegt hat ?!
Nur ran , SPD , ... schöne Gelegenheit , dich zu entleiben !
Unsere politischen Brandstifter
Gast
Von unseren Dorfpolitikern wird öffentlich immer so getan, als wenn die Initiative von der EU kam. Aber so funktioniert die EU nicht. Die Initiative kam von den EU-Staaten. Deutschland war eine treibende Kraft hinter der Vorratsdatenspeicherung. Wahrscheinlich hatten die Amis auch mal wieder ihre Griffel im Allerwertesten einiger "Entscheidungsträger" im Dorf. Nachdem sich das Bundesverfassungsgericht und der EuGH negativ zu dem Thema geäußert haben, stehen einige Leute als Deppen da. Das ist das Problem.
Außerdem weitere Projekte der Totalüberwachung konkret gefährdet. Die Speicherung aller Patientenakten bei einem Unternehmen, so wie es derzeit im Rahmen der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) umgesetzt wird, könnte vom Bundesverfassungsgericht und insbesondere vom EuGH ebenfalls zu Fall gebracht werden. Es wird höchste Zeit, dass dies geschieht.
Die für diese Projekte verantwortlichen Personen müssen von allen öffentlichen Ämtern entfernt werden. Alle, und nicht nur ein paar Minister.