Gerüchte über Beratung Hollandes: Absage an Hartz-Kur für Frankreich
Ja, Peter Hartz war zu Gesprächen bei François Hollande. Sein Berater beim Umbau der Sozialsysteme wird er aber wohl nicht.
PARIS taz | Noch sitzt den französischen Zeitungslesern der Schreck in den Gliedern. Am Dienstagvormittag hatten nämlich alle Medien online gemeldet, der frühere VW-Personalchef Peter Hartz sei der neue Berater des französischen Präsidenten. Das wollte am Morgen die Saarbrücker Zeitung in Erfahrung gebracht haben. Hartz sei denn auch in Paris im Élysée-Palast schon zur Unterredungen über die Reformpolitik empfangen worden.
Was eine Hartz-Kur für Frankreich bedeuten könnte, dass können sich die über die deutschen Verhältnisse aufgeklärten Bürger nur ansatzweise vorstellen. Mit den sauer erkämpften sozialen Errungenschaften wäre es da bestimmt vorbei. Geradezu unvorstellbar wäre es für die meisten Franzosen, dass ihr Sozialstaat ausgerechnet mit einem (solchen) deutschen Ratgeber genesen soll.
„Wie kann man sich von demjenigen Rat holen, der in Deutschland den Leistungsanspruch der Arbeitslosen untergraben hat? Das ist nicht mehr zu verstehen“, kommentierte der Chef der Gewerkschaft FO, Jean-Claude Mailly. Hartz sei derjenige, der die deutschen Arbeiter ruiniert habe, sagte der stets verbal weit ausholende Anführer der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon.
Das Dementi aus dem Élysée-Palast kam sehr schnell. Hollandes politischer Berater Aquilino Morell dementierte ganz offiziell das Gerücht aus Saarbrücken. Hartz sei zwar – auf eigenen Wunsch, wird unterstrichen – vor etwa zwei Monaten vom französischen Präsidenten zu einem „informellen Treffen“ empfangen und anschließend zur Teilnahme an einem Kolloquium eingeladen worden. Damit aber habe es sich gehabt.
Keine zweite Karriere in Paris
Eine zweite Karriere als graue Eminenz der Sanierung eines sozialen Systems scheint für den heute als Unternehmensberater tätigen Hartz in Paris nicht geplant zu sein. In Frankreich, wo es so schon genug Arme und andere Opfer des Sozialabbaus hat, hört man allenthalben ein deutliches Aufatmen.
Da der (Ex-)Sozialist Hollande sich kürzlich bei einer Pressekonferenz voller Courage als Unternehmerfreund und als „Sozialdemokrat“ (nach deutscher Definition) geoutet hat, sollte er sich vielleicht bei den SPD-Partnern oder gleich direkt bei Gerhard Schröder selber über die wirkliche Bilanz der Hartz-Reformen informieren.
Wenn die deutsch-französische Freundschaft zu etwas gut ist, so doch sicher wenigstens dazu, nicht dieselben Fehler zu wiederholen, sondern um aus dem angerichteten Schaden zu lernen.
Leser*innenkommentare
Reinhold Schramm
Gast
Kapitalfaschismus heute (seit Januar 2005):
Hartz-IV bedeutet Sozialfaschismus: Sozialabbau, Lohnminderung, Rentenraub ...
Mit dem Hartz-IV-System für Erwerbslose, seit Januar 2005, wurde in Deutschland, erstmalig, seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949, ein sozialfaschistischer Entwicklungsweg eingeleitet.
Hauptverantwortlich für diesen Entwicklungsweg, - im staatsmonopolistischen Herrschaftssystem der deutschen Wirtschafts- und Monopolverbände -, ist die spd-bündnis-oliv-grüne Sozialdemokratie und deren widerstandslosen sozialdemokratischen DGB-Gewerkschaftsführungen (- die DGB-"Sozialpartner" der deutschen BDA-Bourgeoisie und BDI-Aktionäre)!
lowandorder
Gast
mailmotten ala taz -
nervt ziemlich 2.0
Na - das hört sich ja schwer nach Pfeifen im Wald an.
Ist unsere Grokofantin doch gerade erst mit ihrem
AsozialAgenda2014-Ansinnen EU-weit abgeblitzt;
kann ich offen gesagt, schlicht nicht glauben,
daß das Erscheinen eines sattsam bekannten
Kriminellen im Elysee
ein davon unabhängiger Zufall ist:
nicht nur ich glaube schließlich auch nicht an den pere Noel.
MD
Gast
Nein, das nennt man Aufklärung.
Francois
Gast
"Hartz sei derjenige, der die deutschen Arbeiter ruiniert habe, sagte der stets verbal weit ausholende Anführer der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon."
Vielleicht nicht nur die Arbeiter, sondern generell arme, schwache Arbeitnehmer. Und das ist das Problem dieses Peter Hartz. Dabei reicht das Spektrum von einer Karriere im Schatten von SPD und IG Metall über den gemeinsamen Gang in den Puff mit Betriebsräten bis zu dieser m.M. gescheiterten Reform.
Die nach Peter Hartz benannte Reform zeichnet vor allem ein realitätsfernes Bild der Arbeitslosigkeit: Jede/r kann überall und zu jeder Zeit arbeit finden und wer es nicht tut, ist selber schuld, den muss der Staat mit harter Hand und Sanktionen wieder fit für diese Logik machen. Das Agenda-Denken hat m.M. der SPD die Hälfte ihrer Wähler von 1998 gekostet und die Partei in die Dauerdepression gebracht. Warum Francois Hollande diesen Weg überhaupt gehen sollte, erschließt sich mir nicht.
Die Probleme Frankreichs sind vor allem konjunkturell und an die EURO-Krise angebunden, ansonsten hat das Land beim Thema Armut jetzt schon fast bessere Werte als Deutschland.
joericard
Gast
Hartz ist ein rechtskräftig verurteilter Krimineller! IWe kommt ein Regierungschef auf die Idee, sich mit einem solchen Subjekt abzugeben? Das ist unter aller Würde und unter allen Standards.
kiorioew
Gast
Dann soll der Autor doch bitte Alternativen anbieten. Aktuell läuft es doch auf die FN und Frau Le Pen heraus, sofern der Arbeitsmarkt nicht endlich in Gang kommt. Und Herr Hartz hat erprobte Rezepte zur Senkung der Arbeitslosigkeit im Gepäck.
Stefan
Gast
Ist der Artikel ein Kommentar?? Nicht als solcher gekennzeichnet!
Mr.F ntescm would
Gast
@Stefan Sie habens doch auch so rausgefunden ;-)