Handelskammer: Handelskrieg am Adolphsplatz

Die Grünen fordern weit gehende Transparenz im Finanzgebaren der Kammer. Die Führungskräfte sollen ihre Einkünfte offenlegen. Die wollen aber nicht.

Hat Stress mit den Grünen: Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Bild: dpa

HAMBURG taz | Das sei „alles vollkommen undurchsichtig da drüben“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bürgerschaftsfraktion, Anjes Tjarks, und nickt Richtung Fenster. Aus dem Konferenzraum der Grünen im Rathaus hat man über den Innenhof hinweg einen direkten Blick auf die angrenzende Handelskammer am Adolphsplatz, doch was hinter deren schmucken Mauern vor sich geht, findet Tjarks „total intransparent“. Deshalb hat er für die morgige Bürgerschaftssitzung einen Antrag vorgelegt, der einer Kriegserklärung an die Kammer nahe kommt.

Diese soll mit einer neuen gesetzlichen Regelung gezwungen werden, die Gehälter ihres Hauptgeschäftsführers und seiner Stellvertreter sowie deren sonstige Vergütungen vollständig offenzulegen. Dieselbe Forderung hatte schon die oppositionelle Liste „Die Kammer sind Wir“ erhoben, die mit fast 20 Prozent der Stimmen ins Kammerplenum eingezogen ist.

Die Grünen wollen zudem die Arbeitsverträge der Geschäftsführer auf sechs Jahre befristen, mit der Möglichkeit der Verlängerung. „Die Handelskammer legt ein vollkommen inakzeptables Finanzgebaren an den Tag“, sagt Tjarks, „das darf so nicht weitergehen.“

Die Handelskammer Hamburg ist die älteste deutsche Handelskammer und wurde im Jahr 1665 als Commerz-Deputation gegründet.

Zweck: Sie ist die Interessenvertretung der Wirtschaft und setzt sich entsprechend vor allem für wirtschaftsfreundliche Bedingungen am Standort Hamburg ein.

Rechtsform: Die Handelskammer ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts.

Mitglieder: Sie vertritt etwa 170.000 Hamburger Unternehmen, die obligatorisch (Zwangsmitgliedschaft) der Kammer beitreten müssen.

Einnahmen: 2012 verfügte die Kammer über Einnahmen von 43,7 Millionen Euro, davon 36,4 Millionen aus Beiträgen der Mitgliedsunternehmen.

Soll es aber, wenn es nach der Kammer geht. Die empört sich in einem Schreiben an den grünen Fraktionsvorsitzenden Jens Kerstan, das der taz vorliegt, über diesen parlamentarischen Vorstoß. Dieser sei als „unbegründeter und unzulässiger Eingriff in die Selbstverwaltungskompetenz unserer Handelskammer zurückzuweisen“, schreiben Kammerpräses Fritz Horst Melsheimer und Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Den Vorwurf der Intransparenz weisen die beiden „mit aller Entschiedenheit zurück“.

Die Grünen beziehen sich auf die Transparenzregeln für die Wirtschaft. Danach müssen börsennotierte Unternehmen die Vergütungen ihrer Vorstandsmitglieder offenlegen. Auch die Bezüge der Vorstände und Geschäftsführer der Hamburger öffentlichen Unternehmen werden veröffentlicht. Daraus wurde ersichtlich, dass zwölf Hamburger Top-Manager im Jahr 2012 mehr verdienten als der Bürgermeister.

An diesen Transparenzregeln müsse sich auch die Kammer als Körperschaft öffentlichen Rechts messen lassen, findet Tjarks. Diese aber veröffentlicht lediglich den Finanzrahmen: 2012 haben demnach 14 Führungskräfte zusammen 2.080.255 Euro erhalten, im Schnitt also rund 150.000 Euro pro Kopf. Dies sei im Einklang mit dem Handelsgesetzbuch, schreiben Melsheimer und Schmidt-Trenz.

Zudem sei der Versuch, in der Bürgerschaft eine gesetzliche Regelung dieser Fragen zu erreichen, gar nicht statthaft, monieren die beiden: „Wir bestreiten die entsprechende Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers“, stellen der Präses und sein Hauptgeschäftsführer klar. Diese liege entweder beim Bund oder unterstehe „der Selbstverwaltung der Handelskammer“. Das Land Hamburg habe lediglich die Rechtsaufsicht inne.

Die aber liegt bei der Behörde des parteilosen Wirtschaftssenators Frank Horch. Und der war vor seiner Zeit im Hamburger Senat von Mai 2008 bis Januar 2011 – Präses der Handelskammer.

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