Temporärer Waffenstillstand in Homs: Assad erobert „Revolutionshauptstadt“

Die syrischen Kriegsparteien haben sich auf eine kurzfristige Waffenruhe in Homs geeinigt. Die Aufständischen sollen die Stadt verlassen.

Homs: Von hier sollen sich die Rebellen zurückziehen Bild: ap

DAMASKUS afp/dpa | Die bewaffnete syrische Opposition hat ihre einstige Hochburg Homs offenbar endgültig an die Regierungstruppen verloren. Wie oppositionsnahe Aktivisten am Freitag mitteilten, einigten sich die Kriegsparteien auf eine Waffenruhe, im Zuge derer sich die Rebellen aus der westlichen Metropole zurückziehen sollen. Wenn der Rückzug erfolgt, wäre das vier Wochen vor den umstrittenen Präsidentschaftswahlen ein entscheidender Sieg für Staatschef Baschar al-Assad.

In der Altstadt von Homs und in umliegenden Bezirken, in denen in der Vergangenheit heftig gekämpft wurde, sei eine Waffenruhe in Kraft getreten, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mit. Zuvor hatten sich beide Seiten demnach auf ein Abkommen geeinigt, das außer der Feuerpause auch den Rückzug der Aufständischen vorsieht. Betroffen sind demnach über tausend Rebellen, die sich „in Richtung Norden der Provinz Homs“ zurückziehen sollten.

Nach dem Abzug solle die Regierungsarmee „die Kontrolle über die Gebiete wieder übernehmen“, erklärte die Beobachtungsstelle. Sie bezieht ihre Informationen von einem Netzwerk vor Ort, ihre Angaben sind deshalb von unabhängiger Seite kaum überprüfbar.

Ein Aktivist in Homs bestätigte aber das Abkommen, das einen „sicheren Rückzug“ der Rebellen vorsehe. Diese dürften ihre Waffen behalten, sagte Thaer al-Chalidijeh. Noch habe der Rückzug aber nicht begonnen. Die Waffenruhe selbst soll demnach zwei Tage andauern, die Beobachtungsstelle sprach von einem Tag.

Seit zwei Jahren belagert

Homs galt einst als „Hauptstadt der Revolution“, da die zunächst friedlichen Proteste gegen die Regierung dort besonders stark ausgeprägt waren. Im Laufe des jahrelangen Bürgerkriegs eroberte die Armee die meisten Gebiete der Stadt wieder zurück.

Seit nunmehr zwei Jahren ist die Stadt von Regierungstruppen belagert, es fehlt an Nahrungsmitteln und Medikamenten. Sollten die Rebellen aus den vereinbarten Gebieten abziehen, halten sie nur noch die Kontrolle über den Bezirk al-Waer am Stadtrand.

Auch in anderen Landesteilen hielten die Kämpfe unvermindert an. In der Provinz Hama, die nördlich der Provinz Homs liegt, wurden staatlichen Medienberichten zufolge am Freitag mindestens 20 Menschen bei zwei Selbstmordanschlägen getötet, darunter zwölf Kinder.

Seit mehreren Monaten bekämpfen sich in Syrien auch verfeindete Rebellengruppen gegenseitig, vor allem geht die dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahestehende islamistische Al-Nusra-Front zusammen mit dem Bündnis Islamische Front gegen die radikale Gruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) vor. Der ISIL werfen sie vor, in den von ihr kontrollierten Gebieten zahlreiche Übergriffe auf Zivilisten und rivalisierende Rebellen zu verüben.

Schon mehrmals forderte Al-Kaida ISIL zur Auflösung auf und distanzierte sich von den Kämpfern. In einer am Freitag veröffentlichten Audiobotschaft forderte Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri nun die Al-Nusra-Front auf, die Kämpfe mit den rivalisierenden Dschihadisten einzustellen. Stattdessen solle sich die Gruppe darauf konzentrieren, „die Feinde des Islams zu bekämpfen“ – vor allem Schiiten und den syrischen Führungsclan.

Unterdessen gab Parlamentssprecher Dschihad al-Laham bekannt, dass bei der geplanten Präsidentenwahl 23 Kandidaten gegen Präsident Baschar al-Assad antreten wollen. Erst Mitte der Woche wird sich allerdings herausstellen, welche Bewerber die für eine Kandidatur notwendige Unterstützung von mindestens 35 Parlamentsabgeordneten erhalten haben. Die Regierungen westlicher Demokratien hatten sich gegen eine Abstimmung mitten im Bürgerkrieg ausgesprochen. Aus Sicht der Opposition ist der Urnengang „absurdes Theater“.

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