Flüchtlingsmarsch nach Brüssel: „Wir sind keine Gefahr“

Im Mai starteten etwa 100 Flüchtlinge von Berlin aus gen Brüssel. Sie protestieren damit gegen Europas Asylpolitik. Jetzt erreichen sie die EU-Hauptstadt.

Freiheit statt Frontex: Im Mai begannen die Flüchtlinge in Berlin ihren „March for freedom“. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Der „Marsch für die Freiheit“ ist am Ziel: Pünktlich zum Weltflüchtlingstag erreichten etwa 100 Flüchtlinge am Freitagmittag die EU-Hauptstadt. Vor dem Gebäude des Europäischen Parlaments in der Innenstadt hielten sie eine Kundgebung unter dem Motto „Freiheit statt Frontex“ ab. Sie waren in den vergangenen fünf Wochen über 400 Kilometer von Straßburg bis Brüssel zu Fuß gelaufen. Mit ihrer Aktion wollten sie gegen die restriktive Asylpolitik Europas protestieren.

„Die Menschen bekommen immer zu hören, die Abschottung sei der einzige Weg, ihren Wohlstand zu sichern. So entsteht Rassismus“, sagte Amir, ein im Iran geborener staatenloser Asylsuchender aus Deutschland während der Abschlusskundgebung. „Aber wir sind keine Gefahr. Trotzdem behandelt man uns so, sperrt uns ein und schickt uns zurück.“

Auf dem Marsch seien Flüchtlinge aus vielen Ländern zusammengekommen. „Wir haben schon mal gezeigt, wie es ohne Grenzen sein könnte“, sagt Amir. Die meisten der Flüchtlinge widersetzten sich mit der Teilnahme am Marsch gegen die Auflage, das Land nicht verlassen zu dürfen, in dem sie ihren Asylantrag stellten.

In der Nacht hatten sie auf einem Sportplatz im Brüsseler Vorort Saint Genisius campiert, ab dem Morgen eskortierten sie Polizeikolonnen. Einige der Demonstranten trugen Attrappen von Maschinengewehren mit sich. „Europa hat Waffen in unsere Länder gebracht und damit Kriege ermöglicht, wegen denen Menschen fliehen müssen. Deswegen bringen wir diese Waffen jetzt wieder zurück“, sagte der aus der Türkei stammende Asylsuchende Turgay Ulu.

Mit dem Boot über die Mosel

Zu den Demonstranten hatten sich am Freitag auch Vertreter der französischen Sans Paper-Bewegung gesellt. Sie hatten 1996 mit ähnlichen Märschen und Kirchenbesetzungen ihrer Forderung nach einem Aufenthaltsrecht Nachdruck verliehen und den Anstoß für die Organisierung von Flüchtlingen in ganz Europa gegeben.

Während der letzten Wochen passierten die Flüchtlinge auch das luxemburgische Schengen, wo einst die Verträge zur europäischen Freizügigkeit geschlossen wurden. Sie überquerten dort den Grenzfluss Mosel mit einem Schlauchboot, um an die Gefahren zu erinnern, die der Weg in den nach Außen abgeschotteten Schengen-Raum für Papierlose bedeutet.

Zeitgleich zur Innenministerkonferenz am Anfang Juni in Luxemburg waren auch die Flüchtlinge vor Ort. Sie forderten, mit einer Delegation zu den Ministern vorgelassen zu werden. Als ihnen dies verwehrt wurde, begannen sie eine Sitzblockade vor dem Konferenzgebäude. Die Polizei löste diese gewaltsam auf, ließ alle Festgenommenen aber nach einigen Stunden wieder frei.

Der Marsch bildet den Höhepunkt der seit rund zwei Jahren andauernder Flüchtlingsprotesten, die in Süddeutschland ihren Anfang genommen hatten. Im Oktober 2012 waren Flüchtlinge von Würzburg nach Berlin marschiert und hielten bis April einen zentralen Platz besetzt. Ein Teil von ihnen war nun auch nach Brüssel unterwegs.

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