Die Wahrheit: Mit Flirt- und Katertipps

Eventlücke: Das Ende der Spargelzeit wird zum Sexy-Sommer-Silvester mit heißen Girls, Stechern und Spargeltarzan.

Bild: Plikat

Urs Haldemann von der Agentur Johnson, Müller & Haldemann hat gestern „Spargelsilvester“ gefeiert, auch wenn er sich nichts aus den weißen Stangen macht. Denn am 24. Juni wird traditionell der letzte Spargel der Saison gestochen. Aber noch liegt das Potenzial des strategisch günstigen Feiertermins vor den Sommerferien brach, nur ein paar spießige Landgasthöfe versuchten mit Spargelmenüs zu locken.

„Diese Eventlücke ist viel zu lange toleriert worden!“, resümiert Haldemann. „In Zusammenarbeit mit unseren Gastro- und Medien-Partnern launchen wir 2015 ’Spargelsilvester‘ als trendiges Mega-Event und werden es zu einem der umsatzstärksten Abende des Jahres machen“. Mit seiner Agentur führte der 52-Jährige bereits erfolgreich die „Holifeste“ auf dem deutschen Markt ein, bei denen bunter Maisstaub verkauft (5 Beutel, 8 Euro) und dann herumgeworfen wird.

Der PR-Profi machte aus dem umsatzschwachen Reformationstag das feucht-fröhliche „Halloween“ und exportierte die „Proms“, Abschlussbälle nach amerikanischem Vorbild, bis in die Real- und Hauptschulen der Provinz. Im Auftrag des Hotel- und Gaststättenverbandes hat er sich für das „sexy Sommer-Silvester“ (Arbeitstitel) einiges einfallen lassen: „Für den Song zum Event werden wir Mallorca-Star Peter Penetrant buchen, der mit ’Ich bin ein Stecher, ich bin ein Stecher‘ den ultimativen Mitsing-Hit abliefern wird.“ Die Kostümhersteller, mit denen Haldemann schon beim Halloween-Projekt erfolgreich zusammengearbeitet hatte, wollen die Themenkostüme „Sexy Erntehelferin“, das männliche Pendant „Feuriger Bulgare“ und das Kostüm „Spargeltarzan“ anbieten.

Sogar Traditionen liefert die Full-Service-Agentur: „Als Accessoire für die Jungs bringen wir Plastikspargel auf den Markt, der im Schritt befestigt wird. So zeigen Junggesellen im Brandenburgischen angeblich seit dem 13. Jahrhundert an Spargelsilvester ihre Heiratswilligkeit.“

Haldemann weiß, dass sein Erfolg maßgeblich von den Boulevardmedien abhängt. Und er weiß, was Boulevardmedien wollen: „Ich denke, die ’Kuhfladenschlacht‘ mit sexy Girls wird einiges an Aufmerksamkeit generieren. Die Gastronomen können über unsere Partner aber auch Umschmeißkühe bestellen, so ähnlich wie die elektrischen Reit-Bullen, außerdem den Jahrmarktstand ’Laternen ausschießen mit dem Luftgewehr‘“.

Er pflegt engen Kontakt zu den Medien und vermittelt ihnen gerne geeignete Protagonisten und Protagonistinnen. Vox zum Beispiel wird „Bine und Claudia, die Feiermäuse aus Berlin“, durch ein komplettes Spargelsilvester begleiten. Schwerpunkte sind natürlich die Anprobe der Kostüme und die Flirt- und Katertipps. „Exclusiv – Die Reportage“ porträtiert Jessy und Agneta bei ihrem ersten Auftritt mit der Kuhfladenshow.

Kommen die beiden gelernten Schlammcatcherinnen mit dem neuen Material zurecht? Und der Qualitätspresse bietet der vielseitige Agenturchef anspruchsvolle kritische Doppelseiter an. Lesen Sie im nächsten Jahr in der taz: „Spargelsilvester: Vom Bauernfest zum Ballermannspektakel – Die Eventisierung des Ruralen“.

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