Menschenrechtler über die Türkei: Weniger Freiheit, mehr Kontrolle

Human Rights Watch warnt vor einem zunehmend autoritären Kurs der politischen Führung in der Türkei. Dieser gefährde die Menschenrechte.

Hat auch die Justiz im Griff: Recep Tayyip Erdogan. Bild: ap

ISTANBUL afp | Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat eine „besorgniserregende Aushöhlung“ der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei beklagt. Das Vorgehen der Regierung zeuge von einer „wachsenden Intoleranz gegenüber der politischen Opposition, öffentlichem Protest und kritischen Medien“, heißt es in einem am Montag veröffentlichten HRW-Bericht. In den vergangenen neun Monaten habe die Regierung unter dem langjährigen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, der Ende August als Staatschef vereidigt wurde, auch die Unabhängigkeit der Rechtsprechung angegriffen.

„Die Regierung zögert nicht, in die Justiz einzugreifen, sobald sie ihre Interessen bedroht sieht“, kritisierte HRW. Die türkische Justiz hatte im Dezember Korruptionsvorwürfe gegen Politiker und Geschäftsleute aus dem Umfeld Erdogans erhoben. Seitdem wurden hunderte Richter, Staatsanwälte und Polizisten zwangsversetzt. Die Regierung sieht die Ermittlungen als Teil einer Verschwörung.

Human Rights Watch beklagte außerdem, dass die Polizei trotz des Todes von acht Demonstranten während der Gezi-Proteste im vergangenen Jahr „nahezu Straffreiheit“ genieße. Bei den Ausschreitungen, die von den Sicherheitskräften niedergeschlagen wurden, gab es außerdem tausende Verletzte. Etwa 5.500 Demonstranten müssen sich nach Angaben der Menschenrechtler wegen ihrer Beteiligung an den Protesten vor Gericht verantworten. Auf Seiten der Polizei sei bislang erst ein Beamter verurteilt worden.

In dem Bericht verweist HRW auch auf Einschränkungen der Pressefreiheit durch die Regierung. Der Handlungsspielraum für „unabhängigen und kritischen Journalismus“ in der Türkei sei geschrumpft. Die in New York ansässige Organisation forderte die Regierung in Ankara zu umfassenden Reformen auf. Die Türkei könne sich der EU nur annähern, wenn sie „die Rechtsstaatlichkeit wieder stärkt“, erklärte die Autorin des Berichts, Emma Sinclair-Webb.

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