piwik no script img

Kommentar Steueroase LuxemburgSie können nicht anders

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Steueroase Luxemburg kostet die anderen EU-Länder Milliarden. Um das Land zum Einlenken zu bewegen, muss man die Luxemburger kaufen.

Luxemburg ist ein strukturschwaches Land. Außerhalb der Steueroase gleicht die Wirtschaftsleistung eher einer Wüste. Bild: imago/Westend61

D ie Luxemburger sind Diebe. Das muss man leider so hart sagen. Sie stehlen das Steuergeld ihrer Nachbarn. Reiche Privatbürger werden zur Steuerflucht animiert – und multinationale Unternehmen bei der „Steueroptimierung“ beraten. Diese Tricks waren lange bekannt, aber nun zeigen neue Dokumente, wie aktiv die Luxemburger um internationale Firmen werben.

Empörung ist berechtigt, aber leider wird moralischer Druck nichts ändern. Da alle Steuerbeschlüsse in der EU einstimmig fallen müssen, hat Luxemburg eine Vetomacht. Es wird jedoch niemals darauf verzichten, sich als Steueroase zu betätigen – weil es nichts anderes zu bieten hat. Die „Finanzdienstleistungen“ tragen 40 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.

Offiziell gilt Luxemburg als reich, doch faktisch ist es ein strukturschwaches Land, das nur ein bisschen Wein und ein bisschen Stahl produziert. Luxemburger werden es nicht gern hören, aber ihr Staat ist in einer ähnlich schlechten Verfassung wie Griechenland. Beide Länder leben von Transfers von außen.

Die Luxemburger werden sich daher nur von ihrer Steueroase verabschieden, wenn das Geld aus anderer Quelle fließt. Um es böse zu sagen: Man muss die Luxemburger kaufen, indem sie Sondersubventionen erhalten, wie immer die dann heißen.

In der EU-Verfassung sind solche Lösungen nicht vorgesehen, aber es wäre die kostengünstigste Variante. Es ist eine einfache Rechnung. Die Luxemburger erwirtschaften mit ihrem Geschäftsmodell namens Steueroase rund 24 Milliarden Euro im Jahr. Die Kosten sind aber viel höher: Allein Deutschland verliert durch Steuerbetrug und Steuergestaltung mindestens 30 Milliarden – und andere große EU-Länder wie Frankreich leiden ähnlich. Es wäre also eine Win-win-Situation, die Luxemburger zu bestechen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Luc Caregari , Autor , Journalist

    Liebe Frau Herrmann,

     

    soso, die Luxemburger sind alle Diebe und produzieren nur "Wein und ein bisschen Stahl"? - Sie vergessen leider den ICT-Sektor, die Biomedezin, die Satellitenfirmen (wie SES-Astra), die kreative Industrie, und und und... Sicher, niemand hier in Luxemburg ist stolz darauf oder glücklich darüber dass 40 % unseres BIP mit Bankgeschäften erworben werden (und dann noch: die Tax Rulings sind nur ein kleiner Teil der Geschäfte die am Finanzplatz getätigt werden). Und sie lassen noch etwas ausser Acht: Die Großregion um Luxemburg ist der größte transnationale Arbeitsmarkt Westeuropas und bietet über 100.000 Grenzgängern aus Deutschland, Frankreich und Belgien eine besser bezahlte Arbeitsstelle als in ihren Heimatsländern, da unsere Sozialstandards viel höher sind (Stichwort Mindestlohn)... Das sollten sie bedenken wenn sie uns alle als Diebe bezeichnen. Meines Erachtens gibt es nur einen Weg aus der Situation heraus, und der führt keineswegs über Sondersubventionen: die Diversifizierung unserer Wirtschaft um so Schritt für Schritt die Abhängigkeit vom Bankenplatz abzubauen... und das, liebe Frau Herrmann, geschieht gerade... also: informieren sie sich ehe sie wieder mal nach der Kavallerie rufen!

    • @Luc Caregari:

      Absolut richtig...in letzter Zeit häufen sich recht provokante Berichte bei der taz, was noch nicht mal das unmittelbare Problem ist. Das schlimme ist nur, diese Berichte sind nicht anständig recherchiert oder lassen wesentliche Merkmale bewußt außen vor. Das ist leider etwas entäuschend...hoffen wir auf Besserung, denn ich denke nicht, dass wir eine linke Bild brauchen...

    • @Luc Caregari:

      Luxenburger BIP:

       

      60Mrd davon nach Ihren Angaben 40% aus dem Bankensektor.. Huch, das sind ja 24Mrd wie oben angegeben.

       

      Da da bin ich als Deutscher Gastarbeiter ja richtig dankbar wenn ich bei Ihren als Lohn bekomme was mir IKEA dank ihrer Hilfe klauen konnte :)

       

      Drollig

      • Luc Caregari , Autor , Journalist
        @Robert:

        Ja da haben sie richtig gezählt, @Robert... aber das will ja noch lange nicht heissen dass alle 24 Mrd aus den Tax Rulings stammen... der Luxemburger Finanzplatz ist sehr, sehr breit aufgestellt...

  • Wie wärs wenn wie die Grenzen dicht machen und das Räubernest aushungern? Was kostet uns das? :P

    • @Robert:

      Ich bin entsetzt über die schlechte Recherche der Kommentatorin. Genauso entsetzt bin ich über Roberts Beitrag. Als Luxemburger kann ich Luc nur beipflichten. Informieren Sie sich erst einmal, bevor Sie sich äußern. Mitarbeitern und Lesern der TAZ habe ich bislang eine differenzierte Meinung zugetraut. Schon wieder löst sich ein Vorurteil auf. Gruß aus Luxemburg

    • Luc Caregari , Autor , Journalist
      @Robert:

      uns aushungern? wieso nicht gleich wieder einmarschieren... ihr habt das schon 3 mal versucht und euch 3 mal die Zähne an uns ausgebissen...

      • @Luc Caregari:

        Genau dass ist die Arroganz der Luxemburger und auch der Schweiz. Lügen gleich noch dazu. Die Schweizer zahlten schon so viel Strafen dass man Luxemburg kaufen könnte. Und dann noch: "wieder einmaschieren". Der Hammer, und dann noch Fensterplatz in Geschichte gehabt. Dreimal Zähne an Uns (wer ist Uns?) ausgebissen. Am 10. Mai 1940 überfällt Deutschland die neutralen Benelux-Staaten und marschiert in Frankreich ein. In nur vier Wochen triumphiert das Dritte Reich. Luxemburg scheigt am besten, wie es bei den Konten am besten kann.