Theateraktion „Europäischer Mauerfall“: Die Polizei hatte sie schon erwartet
Die Fahrt zur Aktion „Erster Europäischer Mauerfall“ verläuft unspektakulär – bis serbische Grenzer eine Tasche voller Bolzenschneider finden.

Niemand hat die Absicht eine Mauer zu stürzen: EU-Grenze in Bulgarien. Bild: dpa
Gut 110 vor allem junge allesamt politisierte Leute, von Aktivisten, Studierende, Rastas, Hippies, sind nun seit 24 Stunden unterwegs, um zum „Ersten Europäischen Mauerfall“ beizutragen. Die Fahrt beginnt Freitag in Berlin. Feierlich wurde die Theateraktion vor dem Gorki-Theater eingeläutet. Auf einem roten Teppich und unter Applaus von etwa 100 UnterstützerInnen gingen die Reisenden in die beiden voll besetzten Reisebusse.
Die Fahrt verläuft unspektakulär. Doch dann, gegen Mittag, finden serbische Grenzbeamte am Übergang Rösk eine Sporttasche voller Bolzenschneider in einem der Busse. Zuvor hatten sie alle Pässe eingesammelt, die nun zunächst einbehalten werden. Die Verhandlungen dauern und dauern.
Offensichtlich waren die Grenzbeamten über die Kunstaktion informiert. Als es aus einem der Busse hieß, die Passagiere seien eine Theatergruppe vom Gorki, wussten die Grenzer sofort: Ah, Europäischer Mauerfall. Das Warten beginnt. Derweil vertreibt sich die Gruppe die Zeit mit Handständen und Dehnübungen. Die Nacht war unbequem.
Dann endlich werden die Pässe zurückgegeben und der Plan offenbart: Die serbische Polizei wird die Busse bis zur bulgarischen Grenze eskortieren – dann soll die bulgarische Polizei übernehmen. Die serbische Eskorte fährt vor – mit Blaulicht. Stabübergabe wird in Novi Sad auf der Raststätte stattfinden. Von dort aus wird die bulgarische Polizei wird die Truppe bis nach Sofia begleiten. Die europäischen Außengrenzen infrage zu stellen, ist kein Kavaliersakt. Die Grenzstellen sind informiert. Man nimmt das hier ernst.
Leser*innenkommentare
DD
Willkommen im bulgarischen Knast.
Zuckerstreuer
Frau Kappert, wo ist die Nachricht bei dieser Nachricht?
Lobbyismus geht echt besser.
Age Krüger
Aktionskunst kann nur dann wirken, wenn eben sie auch beobachtet wird.
Da wir nicht alle vor Ort sein können, ist eine möglichst zeitnahe Berichterstattung schon sinnvoll.
Zuckerstreuer
"Aktionskunst kann nur dann wirken, wenn eben sie auch beobachtet wird" ist ein netter Allgemeinplatz, aber auch nicht mehr.Sie könnten jetzt den Begriff Aktionskunst durch z. B. Politik, Kunst, Provokation oder Fußball ersetzen. Die Aussage macht dann genau so viel (bzw.wenig) Sinn.
Möglichst zeitnahe Berichterstattung ja klar, aber muss halt auch was passiert sein, wenn es nichts zu berichten gibt, dann ist es wohl eher PR.
Maharishi
Jo, aber die massive Polizeiintervention seitens Serbiens und Bulgariens lässt wohl eher darauf schliessen, dass die Bolzenschneideraktion am Grenzzaun nachhaltig unterbunden werden wird.
Die Polizeipräsenz am Grenzzaun wird derart hoch sein, dass eine Löcheraktion so gut wie unmöglich sein wird, es sei denn die Aktivisten lassen sich auf ein kräfte- und nervenzehrendes Hase-Igel-Spiel ein, incl. der strafrechtlichen Konsequenzen bei Festnahmen, Polizeiknüppel, usw.