Historische Annäherung USA und Kuba: Ende des letzten kalten Krieges?

Der US-Gefangene Gross kommt frei, im Austausch gegen drei kubanische Spione. Ein Neugebinn der diplomatischen Beziehungen ist geplant.

Forderung nach der Freilassung von Gefangenen in Havanna, Kuba. Bild: Reuters

BERLIN taz/dpa | Nach genau fünf Jahren und vierzehn Tagen in kubanischer Haft ist Alan Gross nun frei. Der IT-Techniker, der im Dienst des State Department angeblich Telekommunikationstechnologie bei der jüdischen Gemeinde in Havanna installiert hat, wurde heute in Havanna aus dem Militärhospital entlassen.

Gleich darauf hat er Kuba in einem US-Flugzeug verlassen, so meldet die „Washington Post“. Im Gegenzug sollen drei kubanische Spione, die in Miami radikale kubanische Exilorganisationen ausgekundschaftet hatten, um Terroranschläge in Kuba zu vereiteln, freigelassen werden.

Der Austausch der Spione, an dem laut Medienberichten der Vatikan zusammen mit der US-Regierung seit über einem Jahr gearbeitet haben soll, markiert offenbar einen Wendepunkt in den Beziehungen beider Länder. Über eine Stunde sollen Barack Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro am Dienstag miteinander telefoniert haben.

Bei seiner Fernsehansprache am Mittwoch sagte Obama: „Wir können die Geschichte zwischen uns niemals ausradieren“. Das Erbe der Kolonisierung und des Kommunismus müsse überwunden werden. Castro dankte insbesondere Papst Franziskus für seine Vermittlung der Gespräche, ebenso wie der Regierung Kanadas. Dort hatten seit dem Sommer 2013 mehrere Treffen zwischen beiden Seiten stattgefunden. „Das heißt aber nicht, dass das Wichtigste gelöst “, stellte Castro klar.

In Havanna soll in den kommenden Monaten wieder eine US-Botschaft eröffnet werden. Zudem sollen einige Beschränkungen beim Handel und bei Finanzgeschäften aufgehoben werden, hieß es. Auch von Reiseerleichterungen war die Rede.

Verändertes politisches Klima

Für den spektakulären Austausch der Spione hatten sich in den vergangenen Jahren US-Medien genauso wie Mariela Castro, die Tochter von Staatschef Raúl Castro, eingesetzt. Nun hat das Weiße Haus eingelenkt. Dafür war nicht nur der schlechte Gesundheitszustand von Alan Gross verantwortlich. Auch das politische Klima in den USA hatte sich verändert: Die New York Times etwa forderte in einer ganzen Reihe von Leitartikeln in den letzten Wochen, das „anachronistische“ Verhältnis zur Insel endlich zu normalisieren.

Genau das hatte Barack Obama allerdings ohnehin während seines Wahlkampfes 2008 versprochen – seine Bilanz sah in dieser Frage überaus dürftig aus, findet Kuba-Experte H. Michael Erisman von der Indiana State University und sieht die Ereignisse vom Mittwoch als wichtigen Schritt. An eine Aufhebung des Wirtschaftsembargos glaubt er allerdings nicht, denn dafür benötigt Barack Obama deutliche Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses, und die wird es nicht ohne weiteres geben.

Doch dass die USA einen neuen Kurs gegenüber Kuba einschlagen, wird auch in Washington von Offiziellen bestätigt. Der Präsident habe seinen gesamten Spielraum ausgenutzt, so heißt es. Das sieht auch Kuba-Analyst Erisman so. Der sieht die US-Administration in der Defensive, weil viele US-Aktivitäten, um die Opposition zu schwächen dem Diskurs des Präsidenten widersprachen. Das gilt zum Bespiel für den kubanischen Twitterdienst „ZunZuneo“, der in diesem Sommer für Schlagzeilen sorgte, aber auch für die systematische Abwerbung von Ärzten. „ZunZuneo“ wurde dabei mit Mitteln der Hilfsorganisation USAID finanziert und sollte eine „Rebellion auf der Insel“ initiieren.

Derartige Aktivitäten könnten mit dem Kurswechsel in der Kubapolitik der USA der Vergangenheit angehören.

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