Monsanto-Patent widerrufen: Missbrauch des Rechts
Das Europäische Patentamt annulliert ein Patent auf Tomatenpflanzen. Kritiker werfen Monsanto vor, bei der Anmeldung getrickst zu haben.
MÜNCHEN kna | Die Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ hat einen Etappensieg gegen den US-Konzern Monsanto erzielt. Dessen Patent EP 1812575 auf Tomaten wurde vom Europäischen Patentamt (EPA) widerrufen, wie die Koalition in München mitteilte.
Das Patent beanspruchte Tomaten, die eine natürliche Resistenz gegen die Grauschimmelfäule aufweisen. Diese sei in Tomaten gefunden worden, die aus der internationalen Genbank in Gatersleben stammten. Um das Patent „erfinderisch“ wirken zu lassen, habe Monsanto die Ansprüche so formuliert, als handele es sich um den Einsatz von Gentechnik, lautete der Vorwurf der Patent-Gegner.
Der Zusammenschluss internationaler gesellschaftlicher und kirchlicher Organisationen, darunter Misereor, hatte im Mai Einspruch gegen das Patent eingelegt, wie es in der Mitteilung heißt. Auch die Firma Nunhems/Bayer CropSience habe sich diesem angeschlossen.
In der Folge habe Monsanto im November erklärt, das Patent nicht mehr aufrechterhalten zu wollen. „Keine Patente auf Saatgut!“ wertete dieses Ergebnis als „wichtigen Erfolg“. Denn die Ansprüche auf das Patent hätten auf einer Kombination von „Täuschung, Missbrauch des Patentrechts und Biopiraterie“ basiert. Damit sei zudem die Gefahr verbunden gewesen, wichtige genetische Ressourcen zu monopolisieren.
Züchter, Gemüsebauern und Verbraucher hätten jetzt die Chance, von einer größeren Vielfalt von Tomaten profitieren zu können, die durch Züchtung weiter verbessert würden, sagte Christoph Then. Der Koordinator von „Keine Patente auf Saatgut!“ erläuterte, dass Gentechnik hier keine Option sei, da die gewünschte Resistenz auf einem Zusammenspiel von mehreren genetischen Funktionen beruhe, die im Detail nicht bekannt seien.
In der Erklärung wird darauf verwiesen, dass mehr als hundert Patente auf konventionelle Pflanzenzüchtung vom EPA bereits erteilt worden seien, obwohl „im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung“ sowie „Pflanzensorten“ nicht patentiert werden dürften, fügte Then hinzu.
Zudem habe das EPA bereits etwa 2.400 Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen erteilt. Viele von ihnen seien im Besitz des Monsanto-Konzerns, der bereits etwa 25 Prozent des internationalen Saatgutmarktes kontrolliere.
Die Koalition habe Einsprüche gegen weitere Patente der US-Firma eingelegt, betonte Then. In ihnen würden unter anderem beansprucht Brokkoli mit höherem Wuchs, Melonen mit Resistenz gegen Viruskrankheiten und die Auswahl von Pflanzen zur Züchtung von Sojabohnen, die an den Klimawandel angepasst seien.
Leser*innenkommentare
amigo
Monsanto ist als weltweit operierendes Verbrecherkartell seit Jahrzehnten bestens bekannt. Selbst die Ärmsten der Armen - wie z.B. indische Bauern - werden ohne jede Rücksicht vertraglich geknebelt und ausgesaugt.
Manni
Altes Kulturgut unserer Gärtnervorfahren patentieren zu lassen, ist in gewisser Weise Diebstahl kulturellen Volkseigentums.
Und das mit der Resistenz gegen Braunfäule ist ein Marketing-Trick. Eine Krankheitsresistenz müsste sich erst über längere Zeit bewähren. Erreger halten sich nicht an Werbeversprechen, sondern passen sich rel. schnell an die Marktsituation an.
In Punkto Geschmack sind die neuen Industriesorten und insbesondere die als resistent beworbenen vielen alten Züchtungen haushoch unterlegen.