Edathy vor Untersuchungsausschuss: Schwierige Wahrheitsfindung

Der Ex-BKA-Chef Ziercke streitet die Vorwürfe ab, Dienstgeheimnisse verraten zu haben. Sebastian Edathy bleibt bei seiner Version der Geschichte.

Sebastian Edathy am 15. Januar vor dem Untersuchungsausschuss. Bild: dpa

BERLIN taz | Für den Edathy-Untersuchungsausschuss des Bundestags wird die Arbeit nicht einfacher: Zwei Zeugen sagten am Donnerstag vor dem Gremium aus, beide legten einen überzeugenden Auftritt hin, und dennoch unterscheiden sich ihre Aussagen in einem entscheidenden Punkt. Welcher der Zeugen die Wahrheit sagt, der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy oder der ehemalige BKA-Chef Jörg Ziercke, bleibt vorerst unklar.

Edathy bekräftige vor dem Ausschuss Behauptungen, die er am gleichen Ort schon kurz vor Weihnachten aufgestellt hatte. Damals sagte der Ex-Abgeordnete, dem wegen des mutmaßlichen Besitz von Kinderpornos ein Gerichtsverfahren bevorsteht, sein Fraktionskollege Michael Hartmann habe ihn im November 2013 vor möglichen Ermittlungen gewarnt.

In den folgenden Wochen habe er ihn über die Arbeit der Ermittlungsbehörden auf dem Laufenden gehalten. Seine Informationen wolle Hartmann vom damaligen BKA-Chef Ziercke erhalten haben. Dessen vermeintliches Motiv: Als SPD-Mitglied habe er Schaden von der Partei abwenden wollen.

„Gegenüber dieser Aussage habe ich nichts zu korrigieren“, sagte Edathy nun zu Beginn seiner Befragung. Vermeintliche Widersprüche konnte er im Anschluss weitestgehend aufklären, Nachfragen beantworten, auch zu Details. Das gilt aber auch für Ziercke, der unmittelbar vor Edathy auf dem Zeugenstuhl gesessen hatte.

„Absurde“ Behauptungen

Ziercke bezeichnete die Anschuldigen als „irrationale Behauptungen“ und „Verschwörungstheorien“. Die Annahme, er habe Dienstgeheimnisse verraten und dadurch sein Amt aufs Spiel gesetzt, sei absurd. Gerade, da er Edathy noch nie habe leiden könne. „Warum hätte ich einen mir unsympathischen Menschen schützen sollen?“, fragte Ziercke. Edathy hatte einst den NSU-Untersuchungsausschuss geleitet, in dem der BKA-Chef ebenfalls als Zeuge aussagte. Damals habe er den SPD-Mann als „arrogant und überheblich“ wahrgenommen.

Welche Version der Wahrheit entspricht, will der Ausschuss in den nächsten Monaten klären. Dafür haben sich am Donnerstag neue mögliche Zeugen aufgetan: Edathy behauptete, er habe schon im November und Dezember 2013 seinem Anwalt und persönlichen Vertrauten erzählt, dass er seine Infos von Michael Hartmann erhalte und sich dieser auf Ziercke beziehe. Seine Gesprächspartner von damals könnten nun geladen werden.

Bestätigen sie die Angaben, wäre Edathys Glaubwürdigkeit gestärkt: Damit wäre klar, dass er sich seine Version nicht erst ausdachte, als er sein Bundestagsmandat bereits niedergelegt hatte – möglicherweise aus Rache an seinen ehemaligen Genossen, die ihn nach Bekanntwerden der Kinderporno-Vorwürfe nicht mehr stützten.

Die Glaubwürdigkeit des ehemaligen BKA-Chefs würde darunter nicht unbedingt leiden, denn unter Umständen haben am Donnerstag auch beide Zeugen die Wahrheit gesagt. Edathy könnte tatsächlich von Hartmann gewarnt worden sein. Dessen Quelle muss aber nicht Jörg Ziercke heißen. Linken-Obmann Frank Tempel spekulierte am Donnerstag Abend, dass auch andere Spitzenbeamte des BKA den Ermittlungsstand ausgeplaudert haben könnten, die Union brachte mögliche Informanten aus Niedersachsen ins Spiel. Von dort stammt Edathy, dort liefen die Ermittlungen gegen ihn und dort sitzt die SPD im Innenministerium.

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