Klausurtagung in Leipzig: SPD gegen Pegida und Henkel

Auf ihrer dreitägigen Tagung in Leipzig sprechen sich die SPD-Abgeordneten für Toleranz und eine offene Gesellschaft aus. Und eröffnen den Wahlkampf gegen die CDU

Einig gegen die CDU: Michael Müller und Raed Saleh Bild: dpa

Die Berliner SPD hat am Wochenende ein deutliches Zeichen für Offenheit und Toleranz gesetzt. Und gegen Pegida. „Mit einfachen Losungen versuchen Leute, Deutungshoheit zu übernehmen“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh zum Auftakt einer dreitägigen Fraktionsklausur in Leipzig. „Da muss man auch mal klare Kante zeigen.“

Flüchtlings- und Integrationspolitik stand auf der Tagesordnung der 47 Abgeordneten. Das Thema selbst stand schon vor den Pegida-Aufmärschen fest. Nun aber, stellte der Fraktionsvorsitzende fest, sei es „das richtige Thema zur richtigen Zeit“.

Mit einem Bündel von Maßnahmen will die SPD Flüchtlinge willkommen heißen und auf der anderen Seite die Integration voranbringen. So soll die Kapazität der Erstaufnahmeeinrichtungen deutlich erhöht werden. 15.000 Asylbewerber erwartet der Senat in diesem Jahr. Mit zusätzlichen Gemeinschaftsunterkünften will die SPD die Unterbringung in Traglufthallen und Turnhallen überflüssig machen.

Deutliche Kritik gab es in diesem Zusammenhang an Sozialsenator Mario Czaja (CDU). „Es kann nicht sein, dass Czaja immer nur delegiert, um am Ende als Sonnyboy dazustehen“, sagte der Pankower SPD-Abgeordnete Rainer-Michael Lehmann. Integrationssenatorin Dilek Kolat verwies darauf, dass Czaja auf der Senatsklausur Anfang Januar verpflichtet wurde, dem Rat der Bürgermeister zum Thema Unterkunftssuche regelmäßig Rede und Antwort zu stehen.

Flüchtlinge: Durch mehr dauerhafte Gemeinschaftsunterkünfte sollen Traglufthallen und Turnhallen überflüssig werden. Die Heime sollen von der öffentlichen Hand betrieben werden.

Bildung: Die SPD will nicht nur die letzten drei Kitajahre, sondern die gesamte Kitazeit gebührenfrei machen. Das Brennpunktschulenprogramm soll auf private Schulen ausgedehnt werden.

Teilhabe: Das kommunale Wahlrecht soll für alle Ausländer gelten.

Staatsvertrag: Mit den islamischen Verbänden soll ein Vertrag geschlossen werden. Ein islamischer Lehrstuhl soll für die Ausbildung von Imamen sorgen. (wera)

Aber auch Innensenator Frank Henkel ließen die SPD-Abgeordneten nicht ungeschoren davonkommen. So will die SPD prüfen, ob man die Ausländerbehörde in ein „Landesamt für Einwanderung“ umbenennen und Henkel dafür die Zuständigkeit entziehen könne. „Die Eingliederung in die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen könnte auch nach außen hin die Integration als Zielsetzung deutlich machen“, heißt es in einer Resolution, die am Samstagabend einstimmig beschlossen wurde.

Wissenschaftliche Unterstützung zum Thema Integration holten sich die SPD-Abgeordneten von Naika Foroutan vom Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung der Humboldt-Universität. In ihren Untersuchungen zu „postmigrantischen Gesellschaften“ hebt sie vor allem auf die „Ambivalenz“ der Mehrheitsgesellschaft gegenüber Einwanderern ab. Zwar sei die Identifizierung mit Deutschland sowohl bei der Mehrheitsgesellschaft als auch den Einwanderern sehr hoch. Sehr unterschiedlich aber fielen die Definitionen dafür aus, was Deutschsein bedeute. Neben der deutschen Sprache, sagt Foroutan, würden von Seiten der Mehrheitsgesellschaft auch Kriterien wie das akzentfreie Sprechen oder das Ablegen des Kopftuchs formuliert. „Auf der einen Seite Offenheit, auf der andere Exklusion: Das ist die Ambivalenz, die wir da immer spüren.“

SPD-Fraktionschef Saleh verwies darauf, dass einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin zufolge 65 Prozent der Muslime religiöse Regeln wichtiger seien als die staatlichen Gesetze. „Es gibt eine Grundspannung mit dem säkularem Staat“, sagte Saleh und erneuerte seine Forderung nach einem Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden. „Ein Teil davon wird die Bekenntnis zum Grundgesetz sein“, betont Saleh, der mit einem solchen Vertrag auch einen europäischen Islam befördern will.

Der Islam gehört zu Berlin. Das war die Botschaft, die in Leipzig von der Berliner SPD ausging. Andere sehen das anders. Statt klarer Kante zeigte SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel am Freitag überraschend Gesprächsbereitschaft mit Pegida. Ein bisschen Ambivalenz steckt also auch in der SPD.

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