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Kriegsfilm von Clint EastwoodDieser Finger zittert nicht

Clint Eastwoods Spielfilm „American Sniper“ verengt sein Blickfeld, weil er die Perspektive des Scharfschützen übernimmt.

Meist liegt der Sniper auf irakischen Dächern herum: Bradley Cooper als Scharfschütze Chris Kyle. Bild: dpa

Kriegsfilme sind allein schon deshalb eine Frage der Perspektive, weil sie häufig den berühmten Knick in der Optik haben. Das hat den Vorteil, dass die kriegerische Welt weniger unübersichtlich erscheint, als sie realiter meist ist. Der Knick sagt Sachen wie: Der Feind ist nicht hier, weil hier sind ja wir. Was und wer woanders ist, muss jedoch, wie rudimentär auch immer, sichtbar gemacht und in den Blick genommen werden. Idealerweise aber, ohne beim Heranholen den gewünschten Abstand, die gewählte Perspektive aufzugeben. Dafür hat man ja optische Systeme.

Schon bevor Clint Eastwoods „American Sniper“ seine eigene Lehre kriegerischen Sehens eröffnet, wird allerdings ein akustisch vermitteltes Signal gesetzt. Zum monochromen Logo von Warner Brothers ist ein „Allahu Akbar“ zu hören. Droht die Islamisierung der amerikanischen Traumfabrik? Gott sei Dank: Es ist nur ein vorgezogener O-Ton, die eingespielte Formel gehört also einfach zur Welt des Films. Oder etwa doch nicht?

Der Ruf des Muezzins wird zwar umgehend vom Sound heranrollender Panzer zum Schweigen gebracht, hat aber erkennbar nicht nur die Funktion, einen Schauplatz zu markieren. Etabliert ist damit auch schon jene revisionistische Perspektive, die „American Sniper“ nach seinem Start im Dezember zum Lieblingsweihnachtsmärchen der amerikanischen Rechten gemacht hat. In dieser Fiktion des Zweiten Irakkriegs erinnert sich niemand mehr an niemals gefundene Massenvernichtungswaffen. Als Deckerzählung schiebt man einfach andere Begründungsfiguren ins Bild – auf dass Islamischer Staat werde, wo eigentlich nur Saddams Irak war.

Warum und wogegen hier eigentlich ein „Präventivkrieg“ geführt wird, interessiert den Film sowieso nicht. Der ausgeblendete historische Kontext ist ideologisches wie ästhetisches Programm, gefeiert wird schließlich ein Rekordschütze, der aus professionellen Gründen auf die Verengung von Blickfeldern spezialisiert ist. Und so geht der Film auch in formaler Hinsicht programmatisch los: mit der identifikatorischen Übernahme einer Sniper-Perspektive, die im weiteren Verlauf als ermüdend repetitive Serie gelingender Abschüsse ausformuliert wird.

Der Film

„American Sniper“. Regie: Clint Eastwood. Mit Bradley Cooper, Sienna Miller u. a. USA 2014, 132 Min.

Die dazugehörige filmische Konstruktion ist ein klarer Fall von Wiederholungszwang: Point-of-View-Einstellungen durchs Fadenkreuz, Nahaufnahmen des zielenden Schützen, seiner zugekniffenen Augen, seines niemals zitternden Fingers am Abdruck. Gerne abgerundet durch Bilder des Abschussobjekts, die noch mal im Sinne einer „objektiven“ Tatortbegehung sicherstellen sollen, dass der kleine Junge wirklich schwerstbewaffnet war, dass sich der gegnerische Turbansniper wirklich aufs Hinterhältigste eingerichtet hatte, dass der heranfahrende Selbstmordattentäter gerade noch rechtzeitig unschädlich gemacht werden konnte.

Jeder Schuss sitzt und erscheint in der Logik des Films im Grunde fast als Notwehr. Was soll man machen, die spinnen, die Iraker.

Limitiertes Anforderungsprofil für Cooper

Für Bradley Cooper, der den „most lethal sniper“ Chris Kyle spielt, bringt diese superdumpfe Figur ein limitiertes Anforderungsprofil mit sich. Cooper hat an Stämmigkeit zugelegt, seinen Hals eingebüßt und sich nach mutmaßlich langen Recherchen einen Gesichtsausdruck ausgedacht, dem man zugegebenermaßen sofort abnimmt, dass hinter der Fassade kein intelligentes Wesen anzutreffen ist.

Meist liegt der Sniper also auf irakischen Sonnendächern herum, schießt auf seriell auftauchende feindliche Pappkameraden, die einfach nicht dazulernen wollen, oder greift zum Mobiltelefon, um Sienna Miller zu kontaktieren, die als schwangere Gattin zu Hause sitzt und gerne etwas mehr funkvermittelten Sex hätte. Der „dirty talk“ hält sich dann aber sehr in Grenzen, der Sniper ist kein Mann des Wortes.

Später sieht man Cooper dann noch mit dem Produkt dieser etwas asynchronen Fernbeziehung interagieren: Die Szenen mit dem Plastikbaby, das ein echtes Neugeborenes sein soll, wurden unter dem Hashtag #fakebaby mit einer angemessen belustigten Twitterrezeption quittiert.

Als Kyle nach seinem anscheinend fehlerfreien Einsatz aus dem Irak zurückkehrt, sitzt er mit rasendem Puls vor ausgeschalteten Fernsehgeräten und spielt seinem Gehirn filmische Erinnerungsszenen eines prima gelaufenen Kriegseinsatzes vor (mit Ausnahme der weniger umsichtig durchgeführte Bodenoperationen). Wenn es die gleichen Bilder sind, die Eastwood uns gezeigt hat, bleibt unverständlich, worunter der Sniper genau leidet. Waren doch alles mit klinischer Präzision erledigte, völlig legitime Ziele.

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Themen #Irak
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15 Kommentare

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  • Eine Generation junger Republikanersöhne will jetzt Scharfschütze werden. So ein cooler Job! Ein fasziniertes Millionenpublikum guckt mit einem durchs Zielfernrohr - und das Beste: Man muß dabei nicht nur nicht denken, man darf es nicht mal!

  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Die Karl-der-Käfer-Fraktion sollte keine Rezessionen über Kriegsfilme schreiben.

    • @738 (Profil gelöscht):

      Und warum nicht?

    • @738 (Profil gelöscht):

      @Sommer Gregor: Sagte der Typ der Rezension nicht von Rezession unterscheiden kann. lol

      • @WaulPalker:

        In der Tat: Erheiternd!

  • Ich verstehe nicht, was an diesem Machwerk eine Nachricht ist. "Hund beißt Postboten" ist doch angeblich auch keine...!?

     

    Snyper ist ein Film von Clint Eastwood (jr.). Der Kerl ist 1930 geboren, noch immer reines Papa-Kind und bekanntgeworden durch die diversen Western, in denen er mitgespielt hat. Das aber waren Filme, in denen es ausschließlich um die Befindlichkeiten schießwütiger Westernhelden ging und um nichts sonst. Wenn so ein Mann im Alter von über 80 Jahren das Genre nicht mehr wechselt, weil er a) keine zeitgemäßen Filme kann und b) von seinem noch nicht ganz verendeten Gaul nicht absteigen will, weil der ja mal ein Rennpferd war, dann ist das eigentlich kein Wunder. Muss denn die taz tatsächlich gleich mehrfach Werbung machen für diesen technisch aufgemotzten Uraltscheiß, wenn sie das gesellschaftliche Klima in den USA thematisieren will? Ich meine: Gibt es nicht auch noch andere "Aufhänger", an denen Leute von heute sich ihres Selbst vergewissern können?

    • @mowgli:

      Nicht vergessen, Eastwood hat auch Filme wie 'Bird' gedreht...

      • @Fotohochladen:

        Danke für den Tip. Aber wenn Sie mich nicht hingewiesen hätten auf den Film, dann hätte ich ihn nicht vergessen brauchen. Ich hab ihn schließlich nie gesehen. Vielleicht, weil ich Vorurteile hatte. Vielleicht, weil er da, wo ich 1988 war, nicht in die kleinen Kinos kam. Aber wenn ich mir so ansehe, worum es angeblich geht in dem Streifen, dann passt er wunderbar ins Set. Nur, dass der lonesome Cowboy hier ein "sensibler Künstler" ist der seine Frau schlägt, und dessen Colt das Saxophon darstellen soll. Ich glaube fast, ich habe nichts verpasst bisher. Man muss schließlich nicht alles haben was es gibt auf dieser Welt. Auch dann nicht, wenn manche Leute behaupten, es sei ganz super-duper-spitzen-geil und wer's nicht hat sei ein Totalversager.

        • @mowgli:

          Was für eine Argumentation.

          Klingt wie

          "Rock´n´roll ist Negermusik"

          So Deutsch.

          • @Cuchillo:

            "Klingt wie..." ist nicht "Ist wie...".

    • @mowgli:

      Wow !!

      Was für ein Monument der Ahnungslosigkeit.

  • ja da wird das Morden erst richtig -vom Revolverhelden, der die Bösen erledigt-zum Scharfschützen der dei Bösen erschiesst-dazu- Spiel mir das Lied vom TOD!

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Was wird von einem Regisseur erwartet, der mit leeren Stühlen spricht:

     

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/clint-eastwoods-rede-ueber-romney-und-obama-bei-den-republikanern-a-853084.html --- Geprüft mit Duden Technologie

    • @2097 (Profil gelöscht):

      Zurecht mehr als von dem der leere

      Kommentare postet.