Kolumne Wichtig: Re:Re:Re: Homolobby für Weltherrsch

Wenn schon Vogelzungen essen, dann mit Soße. Denn die ist sexy, scharf und multikulti. Und am Ende geht es wieder nur um Sex und Rachepornos.

Quatsch mit Soße heißt auf Hebräisch übrigens Quatsch mit Tomatensaft. Bild: photocase/Hast du den Flow

Nachtigall, ick hör dir trapsen. Endlich ist draußen halbwegs Frühling, es wird nicht mehr nur auf Twitter gezwitschert, sondern auch sonst wieder mehr gevögelt, da schreibt Fräulein Stokowski hier mal eben so von Menschen, die anbetungswürdigen Singvögeln die Zunge rausreißen, um sie sich selbst in den Mund zu stecken und das auch noch als Delikatesse zu deklarieren. Esst doch Spargel, ihr Pimmel! Oder, um es mit den Worten von Elfriede Jelinek zu sagen: nachtigallen zungen stumpf / geworden an / dem feder gitter / unsrer balkons.

Aber wenn schon Nachtigallen-Zungen, dann unbedingt mit Soße. Erstens um die Schande dieser Mahlzeit zu verdecken (Herrgottsbscheißerle!), zweitens wegen Baden-Württemberg (Migrationshintergrund!) und drittens, weil Soßenverächter grundsätzlich suspekt sind. Immer wollen sie ganz genau wissen, auf was sie herumkauen, auch wenn es scheiße schmeckt. Und zwar nicht nur beim Essen.

Soßen hingegen sind sexy. Sie sind heiß, sogar wenn sie kalt sind. Sie sind scharf, sogar wenn sie mild sind, weil sie ein Eszett im Namen haben. Sie sind multikulti, weil sie alle Farben haben, die es gibt (aber besser keine Haut). Sie bahnen sich ihren eigenen Weg durch die Widrigkeiten ihres kurzen Lebens (Rigatoni und Döner). Sie kleckern auf Krawatten und Bärte und machen keinen Unterschied zwischen Managern und Hipstern.

Wer Soße mag, der mag auch Quatsch. Wussten Sie, dass Quatsch mit Soße auf Hebräisch Quatsch mit Tomatensaft heißt? Wenigstens bin ich dank dieser fragwürdigen Speise aus dem alten Rom und Google jetzt Nachtigallenexpertin. Die, die so schöne Koloraturen singen, sind die Männchen. Und weil die Nachtigallinnen vor allem zwischen zwei und vier Uhr nachts aktiv sind, richten sich die Kerle nach ihnen. Frau wach, Mann auch.

Gedöns ist Umwelt, ist, was wir essen, wie wir reden, uns kleiden. Wie wir wohnen, lernen, lieben, arbeiten. Kinder sind Gedöns, Homos, Ausländer, Alte. Tiere sowieso. Alles also jenseits der „harten Themen“. Die taz macht drei Wochen Gedöns, jeden Tag vier Seiten. Am Kiosk, eKiosk oder direkt im Probe-Abo. Und der Höhepunkt folgt dann am 25. April: der große Gedöns-Kongress in Berlin, das taz.lab 2015.

Das ist schön und beinahe ein bisschen feministisch, wäre da nicht die Tatsache, dass es am Ende wieder nur um Sex geht. Ist ja meistens so. Aber immer noch besser als andersherum. Denn gerade die anfängliche rosarote Brille kann mit der Zeit schmutziger werden als wochenlang getragene Unterwäsche. Und schwupps, stellt der enttäuschte Liebende ein paar Nacktbilder seines Expartners ins Netz. Inklusive Namen, Wohnort und Link zum Facebook-Profil.

Aioli oder Handkäs?

Die Racheporno-Webseite ugotposted.com ist gesperrt, der Betreiber zu 18 Jahren Haft verurteilt. Weil er nämlich außerdem auf changemyreputation.com den Opfern anbot, die rufschädigenden Einträge zu löschen. Für viel Geld, logisch. Insgesamt rund 30.000 Dollar.

Bleibt die Frage, wer ekelhafter ist: jemand, der ihm unbekannten Menschen eine Plattform bietet, auf der sie andere bloßstellen, oder jemand, der das Vertrauen eines ihm bekannten Menschen missbraucht. Man möchte in jedem Fall tonnenweise Soße über diese schwer verdauliche Mahlzeit kippen. Am besten Aioli. Wobei Handkäs mit Musik womöglich noch intensiver stinkt, oder?

Als nächstes antwortete Andreas Rüttenauer.

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Jahrgang 1984, Redakteurin der taz am wochenende. Bücher: „Rattatatam, mein Herz – Vom Leben mit der Angst“ (2018, KiWi). „Theo weiß, was er will“ (2016, Carlsen). „Müslimädchen – Mein Trauma vom gesunden Leben“ (2013, Lübbe).

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