SUSANNE KNAUL ÜBER DIE NEUEN UNRUHEN UM GAZA
: Der Krieg, den keiner will

Der Schlagabtausch zwischen Israel und dem Gazastreifen ist ein Signal der Ermutigung auf der einen Seite und ein Warnzeichen auf der anderen. Die Islamisten in Gaza solidarisieren sich per Raketenbeschuss mit dem Protest im Westjordanland. Eine neue Eskalation wünschen sich dort allenfalls die Salafisten. Auch in Jerusalem will keiner den Krieg. Israel zögerte zwar nicht lange mit Vergeltungsangriffen, hielt sie aber auf niedrigem Niveau. Ministerpräsident Netanjahu passt ein Krieg genauso wenig ins Konzept wie der Hamas.

Die Hamas konnte zwar während der acht blutigen Novembertage innenpolitisch punkten. Vor allem die Raketenangriffe auf Tel Aviv ließen das Ansehen der islamistischen Militärs intern steigen. Trotzdem beantwortete das Regime in Gaza den Alleingang der Salafisten, die vor gut zwei Wochen entgegen der Anordnungen Raketen auf Israel abschossen, mit Verhaftungen.

Erst Anfang der Woche wurde Chaled Meschal als Chef des Hamas-Politbüros. Er selbst hatte im November gegen Widerstände im eigenen Lager den Waffenstillstand mit Israel durchgesetzt. Unter Meschal wird die Hamas vorerst keine neue Eskalation dulden.

In Israel rauft sich nach langwierigen Koalitionsverhandlungen die neue Regierung zusammen. Bei dem frisch gebackenen Verteidigungsminister Mosche Jaalon haben Syrien und eventuelle Waffenlieferungen an die libanesische Hisbollah sowie vor allem Iran weit höhere Präferenz als die Hamas. Ginge es nach Jaalon, können die Islamisten in Gaza warten, vor allem jetzt, wo es die Gelegenheit gibt, sich mit der Türkei zu versöhnen. Zu oft hat Jerusalem Chancen verpasst, für das Disaster der „Mavi Marmara“, auf der im Mai 2010 neun Menschen ums Leben kamen, geradezustehen, um die einst engen Beziehungen zu den Türken wiederherzustellen.

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