Ein Jahr Gesetz zur vertraulichen Geburt: Anonym, aber sicher

Schwanger und niemand darf es wissen? Das Kind kann trotzdem kommen. Die Familienministerin ist zufrieden mit der Alternative zur Babyklappe.

Wer wohl die Mutter ist? Bild: dpa

BERLIN taz | Viele bunte Blätter, Hochglanz, dazwischen zwei Zahlen: 4.210 Frauen haben beim Hilfetelefon „Schwangere in Not“ seit Mai 2014 angerufen. 226 Frauen haben sich über die Internetseite www.geburt-vertraulich.de Rat geholt. So sieht die Bilanz aus, die Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Mittwoch nach einem Jahr des Gesetzes zur vertraulichen Geburt verkündete.

„Das Gesetz wirkt“, konstatierte Schwesig. Und führt zwei weitere Zahlen an: 95 Frauen hätten das Angebot der vertraulichen Geburt genutzt, seitdem es in Kraft ist. Fünf von ihnen hätten wenige Tage nach der Entbindung diese Entscheidung rückgängig gemacht und das Kind doch noch zu sich genommen.

Bei der vertraulichen Geburt bekommen die Frauen ihre Kinder unter ärztlicher Kontrolle, in der Regel in einem Krankenhaus. Nach der Geburt wird der Name der Mutter (zu den Vätern sind keine Angaben vorgesehen) in einem sogenannten Herkunftsnachweis notiert. Der verschlossene Brief wird beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben aufgehoben und darf frühestens geöffnet werden, wenn das Kind 16 Jahre alt ist und den Namen seiner biologischen Mutter erfahren will. Die Säuglinge werden zur Adoption freigegeben oder in Pflegefamilien untergebracht.

„Keine schwangere Frau muss in Deutschland ihr Kind allein und heimlich zur Welt bringen“, sagte Schwesig. Die „vertrauliche Geburt“ war als Alternative zu den umstrittenen Babyklappen konzipiert worden, in die verzweifelte Mütter ihre Neugeborenen legen können, nachdem sie sie in der Regel heimlich und ohne Hilfe entbunden haben.

Ob und wie das Gesetz funktioniert, wird bis 2017 wissenschaftlich untersucht. Dafür werden unter anderem die Beraterinnen von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen befragt und bewusst keine in Not geratenen Schwangeren, um deren Anonymität zu wahren, wie Jörn Sommer vom beauftragten Evaluationsunternehmen InterVal sagte.

Ersten Ergebnissen zufolge kämen die betroffenen Frauen aus allen sozialen Schichten und aus allen Altersgruppen. Teenagerschwangerschaften träten nicht verstärkt auf. Manche Frauen hätten bereits mehrere Kinder und Angst davor, dass ihnen das Jugendamt diese wegnimmt, wenn es erfährt, dass die überforderte Mutter das Neugeborene zur Adoption weggibt. Andere Frauen berichten von häuslicher Gewalt und Vergewaltigungen.

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