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Archiv-Artikel

Bäume werden weggezaubert

NATURSCHUTZ Die niedersächsischen Grünen kritisieren einen Erlass des Landwirtschaftsministeriums, wonach reale Wälder als fiktiv erklärt werden, sobald ein Landwirt einen Hähnchen-Maststall bauen will

Der Wald sei „als nicht vorhanden zu bewerten“, heißt es im Erlass des Ministeriums

Bis zu 400 Hähnchen-Mastställe sollen einen geplanten Schlachthof in Wietze im Kreis Celle künftig mit Frischfleisch beliefern. Den niedersächsischen Grünen zufolge ist der entsprechende Erlass der Landesregierung rechtswidrig. So hat die Fraktion ein Gutachten des Landtags vorgelegt, wonach der Mindestabstand für Mastställe zu Wäldern 150 Meter beträgt. Das gibt das Bundes-Emissionschutzgesetz vor.

In der waldreichen Region rund um Wietze dürfte das bauwillige Landwirte vor Probleme stellen. Einen Ausweg bietet der Erlass vom Landwirtschaftsministerium: Der Landwirt beantragt eine Abholzgenehmigung. Mit dieser darf er seinen Stall bauen – auch wenn er den Wald nicht abholzt. Der Wald sei „als nicht vorhanden zu bewerten“, heißt es im Erlass, in dem von einer „fiktiven Waldumwandlungsgenehmigung“ die Rede ist.

Für den Grünen-Abgeordneten Christian Meyer sind das „Tricks zur Förderung von Tierfabriken“. „Es gibt keine fiktiven Wälder“, sagt Meyer. Eine Abholzgenehmigung ändere nichts daran, dass der Wald mit Schadstoffen belastet werde. Außerdem müsste ein Landwirt Bäume zum Ausgleich pflanzen, wenn er einen Wald abholzt. Da die „fiktiven Wälder“ aber stehen bleiben, könnte er sie sich in großen Teilen als Ausgleichsmaßnahme anrechnen lassen, kritisieren die Landtagsjuristen.

Für das Landwirtschaftsministeriums eine gute Sache: „Der Wald bleibt stehen, das freut die Menschen“, sagte ein Sprecher am Dienstag. Zwar räumte er ein, dass der Wald vergiftet werde. Die gesunden Teile des nicht abgeholzten Waldes könnten aber in die Ökobilanz eingerechnet werden. Diese Rechnung ist unlogisch, so das Gutachten. Einen zur Abholzung freigegebenen Wald stehen zu lassen, könne keine Ersatzmaßnahme sein.

Mit einer Klärung des juristischen Streits rechnen Landesregierung und Grüne erst, wenn ein Landwirt in der Nähe eines Waldes eine Mastanlage bauen will. LUKAS SANDER