„Ein Ort zum Wohlfühlen“

An Nord- und Ostsee hat die Strandkorbsaison begonnen. Aber die Urlaubs-Kisten haben Karriere gemacht: Viele stellen sie sich zuhause in den den Garten, wahlweise mit Meeresrauschen. Sogar an Skipisten stehen sie rum

taz: Er spielt eine tragende Rolle in Thomas Manns Novelle „Tod in Venedig“. Er ist eine urdeutsche Erfindung wie Gartenzwerge und Currywurst: der Strandkorb. Über 120 Jahre lang hat er sich kaum verändert und ist mittlerweile Kultobjekt. Woran liegt das?

Willy Trautmann: Der Strandkorb ist einfach zum Wohlfühlen: Der einzige Ort, an dem man frische Luft schnuppern kann und gleichzeitig vor Wind und Wetter geschützt ist.

Das heißt, der Strandkorb ist immer noch angesagt?

Ja, eigentlich noch mehr als früher. Bis in die achtziger Jahre hinein war es schon ungewöhnlich, wenn ein Strandkorb in Bayern stand. Heute ist das an der Tagesordnung. Beispielsweise kann man Strandkörbe in Skigebieten finden, wo sie die Wintersportler vor der Sonne schützen.

Ihr Geschäft läuft also gut?

Der Markt für Billigkörbe ist zwar durch Anbieter aus Fernost gedeckt, aber wir bieten Qualitätsprodukte. Trotzdem: Die wenigsten wissen, was im Strandkorb steckt. So wie die meisten nicht wissen, welche Technik im Kühlschrank steckt. Der ist von außen glatt und von innen eben kühl.

Sie exportieren in die Schweiz, nach Österreich und sogar nach Australien. Erobert der deutsche Strandkorb den Weltmarkt?

Die Resonanz in den USA war bescheiden. Man kann sich dort nicht vorstellen, die Körbe nachts unbewacht am Strand stehen zu lassen. Ich würde behaupten, dass in Amerika noch niemand surfen würde, wenn das Surfbrett in Deutschland erfunden worden wäre. Auch in den anderen Ländern handelt es sich um einzelne Privatleute, die sich einen Strandkorb kaufen.

Konkurrieren Sie mit der Strandmuschel? Die erfüllt den gleichen Zweck wie der Strandkorb – und ist viel billiger und handlicher …

Das ist so, als ob sie ein Igluzelt von Aldi für 29 Euro mit einem Wohnmobil für 80.000 Euro vergleichen. Der Komfort in einem Strandkorb ist natürlich ein ganz anderer.

Sie fertigen auch Sondermodelle an. Welche Wünsche haben Ihre Strandkorbkäufer?

Es gibt zum Beispiel den Strandkorb für Hunde. Da sind Hundekorb und Fressnapf eingebaut. Oder auch solche mit versteckten Lautsprechern. Wenn man sich hineinsetzt, erklingt Meeresrauschen und Möwengeschrei.

Interview: Anja Tiedge