: Renovieren ist meistens Pflicht
Schönheitsreparaturen führen beim Auszug häufig zu Streit. Gerichte haben festgelegt, in welchen Abständen die Arbeiten nötig sind. Nur mal eben den Pinsel durch die Wohnung zu schmeißen, genügt keineswegs. Was genau aber sollte man tun?
VON ANDREAS LOHSE
Nach Schätzungen des Deutschen Mieterbundes drehen sich etwa 10.000 der rund 300.000 jährlich vor Gericht ausgetragenen Mietstreitigkeiten um Schönheitsreparaturen. Wer die Durchführung von Schönheitsreparaturen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt, könnte Ärger bekommen. Denn dabei hat der Vermieter – wenngleich in Maßen – ein Wörtchen mitzureden. Grundsätzlich aber gilt: „Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten“ (Bürgerliches Gesetzbuch, Paragraf 538). Demnach muss also der Vermieter die Wohnung renovieren. Doch die Praxis sieht anders aus. So hat der Bundesgerichtshof schon vor zwei Jahrzehnten beschieden, dass es zulässig ist, wenn Vermieter die Schönheitsreparaturen vertraglich auf den Mieter abwälzen, soweit diese aufgrund von Abnutzung fällig werden (Bundesgerichtshof, Aktenzeichen VIII ARZ 1/84). Bevor man jedoch zu Pinsel und Farbe greift, sollte man sich immer diese drei Fragen stellen: Was steht dazu im Mietvertrag? Ist das, was der Vermieter dort verlangt, tatsächlich eine Schönheitsreparatur? Und: Sind die geforderten Renovierungen jetzt schon fällig?
Ist die Renovierung vertragsgemäß Sache des Mieters, gilt als Faustregel: Alles, was beim normalen Wohnen abgenutzt und mit Farbe, Tapeten und Gips erneuert werden kann, zählt zu den Schönheitsreparaturen. Der Bundesgerichtshof hat präzisiert: „Das Anstreichen, Kalken und Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich Heizungsrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen“ (Bundesgerichtshof, Aktenzeichen VIII ARZ 9/86).
Diesem Urteil gemäß sind folgende Fristen angemessen, nach deren Ablauf renoviert werden sollten: Küche, Bäder und Duschen alle drei Jahre; Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre; andere Nebenräume sowie Lackanstriche alle sieben Jahre.
Das Landgericht Köln betonte allerdings in einem Fall, dass diese Fristen nicht für das Streichen von Türen und Heizkörpern gelten. Es sei abwegig anzunehmen, dass sie etwa in Küche und Bad regelmäßig alle drei Jahre einer neuen Farbschicht bedürften (Aktenzeichen 1 S 106/94). Dass jedoch die zulässigen Fristen eingehalten werden – die im Übrigen erst ab Vertragsbeginn laufen –, muss der Mieter nachweisen. Tipp: Man sollte alle Kaufbelege aufheben, mit denen nachzuweisen ist, dass die regelmäßig fällig gewordenen Schönheitsreparaturen in der Wohnung durchgeführt wurden. Auch ist es hilfreich aufzuschreiben, wer dabei geholfen hat.
Die farbliche Gestaltung der Mieträume während der Mietdauer ist – jedenfalls wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen übernommen hat – Sache des Mieters. Auch eine Harry-Potter-Bordüre im Kinderzimmer ist erlaubt, und der Vermieter muss eine solcherart dekorierte Wohnung nach Mietende zurücknehmen (Landgericht Berlin, Az. 62 S 87/05). Weil dem Vermieter die Farbgestaltung nicht zusagt, muss der Mieter bei Rückgabe von frisch renovierten Räumen diese nicht umstreichen. Selbst eine hellblau marmorierte Flurtapete ist keine exzentrische Farbgestaltung (Landgericht Lübeck, Az. 14 S 221/00).
Allerdings darf ein Mieter die Grenzen des normalen Geschmacks nicht so weit überschreiten, dass „eine Neuvermietung in dem geschaffenen Zustand praktisch unmöglich ist“. Das Gericht gab dem Vermieter in einem Fall Recht, der die Rücknahme der Wohnung verweigerte. Hier waren die Wände gelb gestrichen und mit einem zweifarbigen braunen Muster versehen (Kammergericht, Az. 8 U 211/04). Wer die Türen und Rahmen einer Mietwohnung mit farbigem Lack kompromisslos an seine individuellen Vorstellungen von Wohndesign anpassen möchte, muss spätestens beim Auszug mit Ärger rechnen. „Das Gebrauchsrecht des Mieters schließt eine farbliche Umgestaltung, die das äußerliche Erscheinungsbild der Wohnung wesentlich verändert, nicht ein“, so das Landgericht Aachen. In vorliegendem Fall hatte der Mieter die Rahmen von Naturholztüren grau lackiert. „Ein derartiger Eingriff in das Eigentum des Vermieters wird nicht vom Gebrauchsrecht des Mieters umfasst“ (Aktenzeichen. 6 S 90/96).
Gern legt mancher Vermieter beim Begriff Schönheits-„Reparatur“ die Betonung auf das zweite Substantiv. Aber für Außenanstriche, größere Putz-, Maurer- oder Tischlerarbeiten muss der Mieter nicht zu Hammer und Kelle greifen, sondern nur die Schäden beseitigen, die er selbst verursacht hat. Aber in welcher Qualität? „In mittlerer Art und Güte“, antworten die Juristen, was wiederum Spielraum lässt, denn es muss nicht der teuerste Weg gewählt werden. Handwerklich geschickte Mieter können selbst sach- und fachgerecht tapezieren und streichen, solange sie mit ihrer Arbeit kein laienhaftes Pfuschwerk hinterlassen. Einfach „nur mal eben den Pinsel durch die Räume zu schmeißen“, genügt also keineswegs.