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Archiv-Artikel

Die Welt am Erdöltropf

Arte-Themenabend „Erdöl, das schwarze Gold“ (ab 20.40 Uhr): Wo kommt es her? Wem bringt es Profit, wem Leid?

Mit ihren 20 Jahren hat Marcia Domingues ausgeträumt. Sie lebt mit Mann und Kindern in der Blechhütte Nummer 528 in einem angolanischen Slum namens „Panorama“. Wenige Meter entfernt tummeln sich reiche Angolaner am Strand.

Angola ist der zweitgrößte Erdölproduzent Afrikas und eigentlich kein armes Land: Die Regierung erhält Milliardenbeträge zur Förderung des wertvollen Rohstoffes. Trotzdem ist ein Großteil der Bevölkerung Angolas bitterarm.

Mit den Schattenseiten der Erdölförderung und ihren Folgen für Mensch und Natur beschäftigt sich der Arte-Themenabend „Erdöl, das schwarze Gold“. Die Dokumentation „Öl: Es geht ein Barrel auf Reisen“ (20.40 Uhr) erklärt zunächst schrittweise, wie die Förderung von Erdöl funktioniert und welche Strecken ein Barrel zurücklegt, bis es an eine deutsche Tankstelle gelangt. Die Filme „Reiches Land, armes Volk“ (21.30 Uhr) und „Zeitbombe Öl“ (22.00 Uhr) widmen sich den Verlierern des Erdölgeschäfts. Wie den Domingues aus Nummer 528 oder den Bewohnern der ecuadorianischen Stadt Esmeraldas. In der zweitgrößten Ölraffinerie Afrikas werden täglich 110.000 Barrel Öl produziert.

Durch ausführliche Interviews gelingt beiden Dokumentationen ein persönlicher, direkter Blick auf die Lage der Menschen. Leider rutscht der Erzählton in manchen Momenten ins Reißerische: So werden in „Zeitbombe Öl“ immer wieder Originalaufnahmen der größten Raffineriekatastrophe Ecuadors eingeblendet – obwohl die Interviews und Augenzeugenberichte völlig ausgereicht hätten. 1998 brach die Pipeline, das Öl ergoss sich über die Stadt und fing Feuer. Nach offiziellen Angaben hat es dabei 12 Todesopfer gegeben. Niemand weiß, wie viele es tatsächlich sind. Doch auch ohne große Katastrophen hat der Raffineriebetrieb Folgen: Ölklumpen treiben im Fluss; Fische, Wald und Felder rund um die Raffinerie sind verseucht.

So konkret einzelne Schicksale geschildert werden, so nebulös sind die Aussagen über den Verleib des Geldsegens. „Korrupte Regierung“, viel mehr erfährt man dazu leider nicht in diesem Themenabend. BETTINA SCHULER