: Ein Lächeln für Rassisten
Vereinzelte Pfiffe störten den Applaus. Trainingsstart bei Hannover 96, die Massen waren bei herrlichem Sonnenschein ins Stadion gepilgert: Für Tayfun Korkut hätte bei seinem sonntäglichen Debüt als neuer Cheftrainer alles so schön sein können. Doch unter den rund 7.000 Neugierigen war eben auch jener harte Kern, der den Wechsel auf der Trainerbank doof findet. Der türkischstämmige Korkut hat den in Hannover beheimateten Mirko Slomka abgelöst, weil Präsident Martin Kind einen Neuanfang will. Mit „Kind muss raus“-Rufen zeigten einige Fans, was sie von Slomkas Entlassung halten.
Warum sehen sich eigentlich so viele Menschen ein ganz normales Training an? Die Neugier auf den Neuen muss enorm groß sein. Die Lust auf Veränderungen bei einem Klub, der unter Slomkas Regie zuletzt nur noch wenig Freude gemacht hat, ebenfalls. „Ich habe mir nicht so viele Gedanken gemacht, wie das Ganze enden kann. Ich möchte erst einmal eine ruhige Saison spielen“, sagt Korkut, der vor allem deshalb bestaunt wird, weil ihn kaum jemand kennt.
Er war Nachwuchstrainer beim VfB Stuttgart und bei der TSG Hoffenheim. Der frühere türkische Nationalspieler durfte sich für die Auswahlelf seines Landes auch schon als Assistenztrainer versuchen. Aber die Bundesliga ist für den 39-Jährigen Neuland. Die Rolle des Cheftrainers im Profibereich auch. In einer Branche, in der nach Trainerentlassungen im Grunde immer dieselben Kandidaten ins Gespräch kommen, wäre es einem Newcomer wie ihm zu gönnen, dass er sich etabliert. Korkut wirkt so zielstrebig und bodenständig, dass ihm ein guter Start in Hannover zuzutrauen ist.
Die Lobeshymnen zu seiner Begrüßung wollen und wollen kein Ende nehmen. „Mir haben zwei Gespräche mit Herrn Korkut gereicht, um zu wissen, dass seine Einstellung keine mutige Entscheidung ist“, sagt Klubchef Kind. Er hat Korkut mit dem Basken Julen Masach bereits einen neuen Assistenztrainer spendiert. Einen neuen Stürmer soll es in Kürze auch noch geben.
Die Anhänger von Hannover 96 diskutieren den Trainerwechsel im Internet immer noch leidenschaftlich. Warum musste Slomka gehen? Ist ein Neuling wirklich besser? Zu den vielen skeptischen Fragen hat sich sogar eine braune Debatte darüber gesellt, ob der neue Trainer wirklich auch noch ein Türke sein musste. Der in Stuttgart geborene Korkut ist mit dieser Form von Fremdenfeindlichkeit bereits konfrontiert worden. „Ich bin in Deutschland aufgewachsen. Meine Herkunft steht. Ich sehe keine Probleme“, meinte er. Einfach stark, wie er das Dumpfe mit einem milden Lächeln bedachte. CHRISTIAN OTTO