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Junge Bündnisgrüne rennen gegen Strömungswände

■ Das Jugendbündnis stößt auf Skepsis: In der Bosnien-Debatte waren sie pazifistisch. Sonst gelten sie als ideologielose Realos

Bonn (taz) – „Der Reformeifer ist groß“, sagt die junge Bündnisgrüne. „Uns brennt der Arsch.“ Lange nicht mehr gehört solche Töne. Doch das soll sich nun ändern. Die jungen Bündnisgrünen greifen an. Am vergangenen Wochenende hatten sie ihr erstes U- 30-Treffen in Kassel und da „knackte viel auf“, sagt die 24jährige Bundesvorstandssprecherin des Grün-Alternativen Jugendbündnisses (GAJB) und Jurastudentin Manuela Rottmann.

Über 3.500 Mitglieder zählt das GAJB, das sich 1994 gegründet hat. Und die meisten von ihnen sind sich einig: So wie die Alten wollen sie es nicht machen. Das heißt vor allem: sich nicht auf die Flügelkämpfe bei den Bündnisgrünen einzulassen. „Sonst bleibt Politik eine langweilige Veranstaltung, in der nichts passiert“, sagt Regine Barth, Mitglied des Bundesvorstandes, die mit ihren 28 Jahren zu den jungen Bündnisgrünen zählt. Etwa so wie der Strategiekongreß in Hannover, der morgen in Hannover beginnt?

Die Youngster sind nicht nur enttäuscht darüber, daß niemand von ihnen als Debattenredner geladen ist, sondern daß auch Reizfiguren wie der haushaltspolitische Sprecher Oswald Metzger fehlen. „Wir haben eingefordert, nicht nur die einzuladen, die immer schon da waren“, sagt Manuela. „Aber es hat nichts genützt.“ Der Kongreß werde wohl eher unspannend, befürchtet Regine Barth. Von Rednern wie dem Altmarxisten Elmar Altvater und Professor Rudolf Hickel sei nicht viel Neues zu erwarten.

So richtig fühlen sie sich noch nicht ernstgenommen. Da meint etwa einer der Alteingesessenen: „Ihr Jungen seid so pragmatisch, so ideologielos. Macht doch erst mal ein paar Demos.“ Aber danach sei die Zeit eben nicht, sagen Regine Barth und Manuela Rottmann übereinstimmend.

Die Mitglieder der GAJB kommen überwiegend aus der Umweltbewegung. Sie haben die Wiedervereinigung miterlebt, das Ende des kalten Krieges und sind nicht aufgewachsen mit einer Grundopposition zum System. „Damals war alles so einfach“, sagt Regine Barth. Da sei man für die Auflösung des Ost-West-Konflikts eingetreten und habe gesagt, die dadurch freiwerdenden Gelder können wir für Sinnvolleres ausgeben.

Die Jungen wollen differenzierter an die Probleme herangehen und sich dabei vor allem nicht einem Flügel unterordnen lassen. Bei der Bosnien-Debatte waren sie eher für die „pazifistische Lösung“, wie Manuela Rottmann sagt. Andererseits verbreiten sie die Realo-Einsicht: Wohlstandsverzicht, läßt sich nicht aufhalten. Also laßt uns sehen, wie wir am sozialverträglichsten sparen können.

Aber gerade damit, daß sie sich nicht zuordnen lassen, erwecken sie in den festgefügten Flügelstrukturen der Bündnisgrünen Skepsis. „Wir rennen gegen eine Strömungswand“, nennt Manuela Rottmann das. Auf reine Jugendthemen wollen sich die Jungmitglieder jedenfalls nicht beschränken. Als wichtiges Thema nennen sie gleich die Alterssicherung.

Selbständige und Beamte sollen mit ins Boot der Beitragszahler. Höhere Renten sollen gedeckelt werden. Warum gerade die Jungen sich damit befassen? „Die Renten sind ein wunderbares Symbol dafür, wie die Interessen der nachfolgenden Generation verfrühstückt werden“, sagt Manuela Rottmann. Ein älterer hessischer Abgeordneter habe dazu nur gemeint: „Warum soll es meinem Sohn besser gehen als mir.“ Markus Franz

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