: Auf und Ab beim Olympiastadion
■ Neuer Sanierungsvorschlag: Planer schlagen flexible Spielebene für Fußballfeld und Leichtathletikbahn mittels Hub- und Absenkrasen vor
Für die Sanierung des maroden Olympiastadions machen sich jetzt beinahe täglich neue Umbauvarianten Konkurrenz. Nachdem Anfang der Woche der Architekt Jürgen Sawade den Bau einer reinen Fußballarena in der Nachbarschaft angeregt hatte und der Münchener Unternehmer Seebauer am 18. Mai seine überarbeiteten Entwürfe zur Renovierung der Arena präsentieren wird, legte gestern die „Berlin Initiative: Multifunktionales Olympiastadion“ ihr Konzept vor. Kernstück der Überlegung der Berliner Architekten Nina Nedelykov, Carsten Granz und Pedro Moreira (NGM) ist, daß das 1936 erbaute Oval „erweitert und wie bisher als Leichtathletik- und Fußballstadion genutzt werden kann“.
Nach den Plänen von NGM soll das Olympiastadion im bröckelnden Innenbereich denkmalgerecht entsprechend den Fifa-Standards für die Bewerbung zur Fußballweltmeisterschaft 2006 saniert werden. „Die bisherigen Gutachten“, sagte Carsten Granz gestern, „gehen davon aus, daß sich die veränderten Bedürfnisse des Fußballs nicht mit denen der Leichtathletik vereinbaren lassen würden. Das sehen wir nicht so.“ Für die rund 75.000 Zuschauerplätze sind neue Sitzbänke vorgesehen und VIP- Bereiche mit eigenen Eingängen geplant. Die Tribünen und Pressebereiche sollen erneuert beziehungsweise vergrößert werden. Den Clou des insgesamt 580 Millionen Mark teuren Konzepts, so Granz, aber bilde „ein im Stadionbau neues Verfahren, bei dem das gesamte Spielfeld um 4,5 Meter gesenkt und wieder angehoben werden kann“.
Nach Ansicht der Architekten könnte das Stadion bei der Rasenabsenkung durch ausfahrbare Tribünen mit zusätzlichen 13.500 Plätzen in eine reine Fußballarena verwandelt werden. Wird das Spielfeld mittels Auftriebskörper, die auf einem unterirdischen See ruhen, hochgehoben und die Tribüne eingefahren, hebt sich die Fläche „wieder auf Leichtathletik-Niveau“. Die Auf- und Absenkaktionen sollen rund 20 Stunden betragen. Außerdem ist vorgesehen, die Plätze im Olympiastadion mit einem Solardach zu überdecken.
Unterstützung erhielt die Initiative Multifunktionales Olympiastadion von ISTAF-Chef Rudi Thiel und 5.000-Meter-Olympiasieger Dieter Baumann. Mit dem Konzept könnte nicht nur der Anspruch, das alte Stadion zu erhalten und multifunktional zu nutzern, bestehen bleiben. Thiel: „Zugleich würde man sich auch die Option offenhalten, nach Berlin eine Leichtathletik-EM oder -WM zu holen.“
Kritik an der Hub-Idee äußerte Landesfußballboß Otto Höhne. Der Vorschlag, daß der Stadionumbau in der Sommerpause realisiert werden könnte, damit danach Hertha BSC wieder spielen könnte, „gehöre in die Welt der Illusionen“. Höhne blieb bei seiner Linie, das einstige Nazi-Stadion in eine reine Fußballstätte umzuwandeln. Rolf Lautenschläger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen